Gabriele
Mutter und Tochter Gleich zu Beginn tauchen Lesende ein in das Leben der beiden essgestörten Mädchen Alisa und Mascha. Sie leben zusammen in der Wohnung, die Alisas Mutter ihnen zur Verfügung gestellt hat, um selbst zu ihrem Freund zu ziehen. Von Anfang an war ich beim Lesen schockiert über Alisa, die nichts mehr auf die Reihe bringt. Sie braucht lange, ehe sie begreift, dass sie Hilfe braucht. Zu gerne hätte ich mich in ihr Leben eingemischt! Erst als sie selbst bemerkte, dass sie schon lange kein Leben mehr hatte, wurde das Buch für mich erträglich. „Es war bloß eine sinnlose Existenz. Die Essstörung hatte neunzig Prozent ihrer Zeit und ihrer Gedanken in Anspruch genommen. Mit den restlichen zehn Prozent versuchte sie, ihre Krankheit zu verleugnen, zu verstecken und vor sich selbst kleinzureden.“ (Seite 54) Lana Lux hat es ein weiteres Mal geschafft, mich zu beeindrucken. Sie schreibt so authentisch, als hätte sie alles selbst erlebt. Aber sie schaut auch hinter die Kulissen, so dass sich eine Welt auftut, in dem man nicht leben möchte. Deutlich tritt hervor, wie eine Persönlichkeit entsteht und was während der Entwicklung alles schief laufen kann. Wie verzweifelt Menschen versuchen, ihre Fassade aufrecht zu erhalten, nicht zeigen wollen, wie es ihnen wirklich geht. Dabei erhebt die Autorin nicht einmal den Zeigefinger, nein sie erzählt nur so, dass mich das kalte Grauen überfiel. Im ersten Drittel überlegte ich noch abzubrechen, da ich das Gelesen emotional kaum verkraftet. Erst im zweiten Teil, als Alisa nach ihren Wurzeln suchte, setzte die bei Lana Lux gewohnte Sogwirkung ein. Auch wenn die Autorin nirgends urteilt, blieb mir als Leserin nicht erspart, die Charaktere als bemitleidenswert oder unsympathisch abzustempeln.