marcello
Normalerweise kann ich Buchgenres und wie sie dann als Film oder Serie umgesetzt werden, ganz strikt für mich trennen. Das liegt oft darin, dass das Medium jeweils ganz unterschiedliche herausstechende Merkmale hat und dann ist Liebesgeschichte noch lange nicht Liebesgeschichte. Aber ich merke inzwischen immer mehr, dass es tatsächlich auch Bücher gibt, die quasi eins zu eins auf den Bildschirm zu übertragen sind und dann passiert in meinem Kopf etwas ganz Bestimmtes und ich sehe es quasi genau vor mir. Dazu gehört eindeutig auch „Wolke Sieben ganz nah“ von Kirsty Greenwood, die auf dem deutschen Buchmarkt noch ganz neu ist. Ich habe zwar erst etwas gebraucht, um in das Geschehen hineinzufinden, weil es am Anfang mit dem ‚Tod‘ von Delphi gleich losgeht und wir uns in einer Zwischenwelt befinden, wo sie dann mit der ihr zugeteilten Betreuerin erstmal feilscht. Da erschien alles für den Einstieg arg schwarzhumorig und etwas drüber, aber ich musste beispielsweise auch an die charmante Comedyserie „The Good Place“ denken, wenn auch wirklich nur der Anfang passt. Als wir mit Delphi dann aber wieder zurück auf die Erde geschickt werden, da fügt sich alles immer besser zueinander. Der Humor kommt richtig gut heraus und es gab wirklich einige sehr lustige Passagen, die auch besonders gewirkt haben, weil ich eben die Szenerie schon echt vor Augen hatten. Dazu war für mich aber Trumpf, dass das Buch über sehr individuelle Figuren verfügt. Nicht nur Delphi ist auf ihre Art sehr speziell, sondern alle anderen sind es auch. Sei es Nachbar Cooper und Mr. Yoon, die Kolleginnen von der Apotheke, Aled aus der Bibliothek, da kam schnell etwas zusammen, was sehr ikonisches Potenzial hatte, vor allem weil Delphi vorher so eine Emeretin war und sich mit jeder Figur um sie herum anders öffnen musste. Auch wenn die Geschichte bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar war, nämlich vor allem im Bereich der Liebesgeschichte, dass es eben nicht um den Seelenverwandten Jonah ging, so finde ich doch auch, dass es immer wieder hervorstechende Elemente gab, darunter auch Überraschendes. Denn oft werden solche zweite Chancen-Geschichten dafür genutzt, dass die Figur über sich hinauswächst, was Delphi natürlich auch getan hat, aber sie ist auch an genug Herausforderungen gescheitert und hat ihre Grenzen erkannt, ohne dass man das verurteilen wollen würde. Denn es ist schon wichtig zu wissen, was man kann und was man nicht kann. Besonders schön fand ich dann aber, als alles auf das Ende hinsteuerte, denn dort kam alles von dem bisher Geschehenden zusammen und es ist wirklich rund gemacht worden. Delphi hat sich vor allem auch wegen ihrer Erfahrungen in der Schule und dann wegen des schwierigen Verhältnisses mit ihrer Mutter sehr zurückgezogen und da war es eine schöne Botschaft, wie viele Menschen sie in kurzer Zeit mit ihrer Art berühren konnte. Etwas, was ich aber als etwas kritisch stehen lassen würde, das ist für mich Merritt und ihre Rolle in dem ganzen Geschehen. Ich habe ihre Erklärungen am Ende nicht komplett logisch durchblicken können und finde auch generell, dass sie etwas drüber war. Die Enthüllung zu ihr hat dann tatsächlich auch nicht so für mich gepasst, weil ich sie charakterlich einfach anders einsortiert hätte. Aber es ist letztlich wahrlich nicht gravierend, denn die Hauptbotschaft des Buchs kam sehr gut rüber. Fazit: „Wolke Sieben ganz nah“ war eine wirklich lustige RomCom, die zwar etwas übertrieben startet und eine ungewöhnliche Prämisse hat, aber dann in eine wendungsreiche und lehrreiche Reise abdreht, die mich gut an die Seiten gefesselt hat. Es ist nicht die perfekte Lektüre, aber ich habe sie innerlich schon für die große Leinwand verfilmt gesehen.