Marcus Jordan
Was für ein krasses Buch. Sehr schwer zu bewerten und ich mache es ungern eigentlich. Das Buch war eine Retoure, die ich nicht mehr zurückgeben konnte und sonst hätte ich es nie gelesen denke ich. Man kann es eigentlich nicht empfehlen - es ist so anstrengend und machte einen so traurig. Ist echt eine gewichtige Entscheidung es zu beginnen und ich kann mir schwer vorstellen, dass jemand es dann nicht zu Ende liest. Auf mindestens 300 von den 950 (!) Seiten habe ich mich gefragt, warum ich mir das antue. Es ist so bretthart und grausam und die Autorin nutzt das Grauen unfassbar geschickt, um einen zu binden und durch das Buch zu ziehen. Das ist sprachlich und dramaturgisch extrem geschickt. Das, nach seinen äußeren Umständen extrem elitäre Leben eines in seiner Kindheit durch massiven Missbrauch seelisch völlig zerrütteten Mannes. In krassester Diskrepanz zu seinen ersten 15 Lebensjahren, lebt er erfolgreich und eingebettet in eine Gruppe irgendwie übertrieben schöner, kluger, reicher, wunderbarer, total interessanter Menschen, die ihn alle geradezu fanatisch lieben. Eine erstaunliche "Versuchsanordnung". Manchmal irgendwie flach in seiner ausufernden Beschreibung von Luxus und Jetset-Leben, manchmal etwas voyeuristisch anmutend in seiner verstellten, unendlich langsamen Offenlegung der Missbrauchsgeschichte und der resultierenden Autoaggression. Insgesamt würde ich sagen ist das Buch 200 Seiten zu lang. Und es ist psychologisch glaubwürdig. Das fand ich die größte Stärke. Das Empfinden, die ganze seelische Entwicklung der Kernfigur ist extrem überzeugend. Eine Reise in einen zerstörten Kopf, in eine schreckhaftes Herz. Das schien mir wichtig und irgendwie brauchbar, weil in dieser Schilderung der totalen von Schmerz auch zu erahnen ist, wie andere Schmerzerfahrungen, auch viel geringere und punktuellere, eben Menschen nachhaltig beeinflussen in ihrer Fähigkeit zu vertrauen und angemessen freundlich zu reagieren.