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pmelittam

Posted on 6.7.2024

Kennen Sie, kennst du die Stellersche Seekuh? Bevor ich diesen Roman gelesen habe, kannte ich sie auch nicht, doch nun bin ich nicht nur so gut es geht informiert, ich habe auch einiges gelernt und von Dingen erfahren, die ich vorher nicht wusste. Der Naturforscher Georg Wilhelm Steller begleitete den Kapitän Vitus Bering auf dessen letzter Expedition. Dabei strandeten das Schiff Ende 1741 auf einer unbewohnten Insel, wo man Monate verbringen musste. Steller entdeckte dort ein bisher unbekanntes Tier, offensichtlich den Seekühen zugehörig, das später nach ihm benannt wurde. Nur 27 Jahre später war die Stellersche Seekuh von den Menschen bereits ausgerottet worden, unter anderem wohl, weil sie so schmackhaft war. Einige Skelette von Stellerschen Seekühen sind erhalten geblieben, eines davon ist im Naturhistorischen Museum Helsinkis zu besichtigen. Diese Tiere müssen sehr eindrucksvoll gewesen sein, riesig, bis zu acht Meter lang, in Rudeln lebend und sehr friedlich. Iida Turpeinen hat dieser leider ausgestorbenen Art nun ein weiteres Denkmal gesetzt, so empfinde ich jedenfalls ihr Werk. Ein Werk, das übrigens nicht einfach zu lesen ist, dem man Aufmerksamkeit schenken muss, das aber eine Welt öffnet, die zumindest mir, unbekannt war. Sie hat viele historische Persönlichkeiten einbezogen, die ich erst hier kennenlernen durfte. Sie hat teilweise sehr ausführlich und auf gewisse Weise ausschweifend erzählt, aber dennoch auch sehr fesselnd. Ich habe zudem sehr viel gegoogelt. Der Roman wird in mehreren Zeitebenen erzählt. Zunächst begleitet man Steller und Bering auf ihrer Expedition, erlebt viel aus Stellers Perspektive mit. Zu seiner Zeit hat man Tiere, um sie genau zu erforschen, getötet und präpariert, und so tötet er auch eine der Seekühe. Einige Passagen sind aus Sicht einer Seekuh geschrieben, was mich sehr beeindruckt hat. Etwa hundert Jahre später lernen wir Johan Hampus Furuhjelm, den neuen Gouverneur Alaskas kennen. Alaska wird von der Russisch-Amerikanischen Handelskompanie verwaltet, es ging vor allem um Felle. Auch hier wurden Tiere nahezu ausgerottet, so dass das Geschäft immer weniger einbrachte, schließlich wurde Alaska von Russland an die USA verkauft. Ein Naturforscher, Alexander von Nordmann, wünscht sich von Furuhjelm das Skelett einer Seekuh, welches dieser ihm letztlich auch beschafft. Erzählt wird in diesem Abschnitt aber vor allem aus den Perspektiven Annas, der Ehefrau Furuhjelms, und der seiner Schwester Constance. Die Autorin folgt der Seekuh weiter. Durch Alexander von Nordmann kam das Skelett der Seekuh nach Finnland. Zunächst geht es hier aber um das Sammeln von Eiern, das tatsächlich dazu führte, dass manche Vogelarten, wie zum Beispiel der Riesenalk, ausgestorben sind. Man lernt Hilda Olsen, eine begabte Zeichnerin, näher kennen, und John Grönvall, der das Skelett der Seekuh schließlich so zusammensetzte, wie man es nun besichtigen kann. Letztlich geht es hier nicht nur um die Stellersche Seekuh, sondern auch darum, dass der Mensch für die Natur, die Tiere, eine große Gefahr darstellt. Ohne ihn würden viele Arten noch leben. Die in der Danksagung zu findende Liste der Arten, die ausgestorben sind, während die Autorin an diesem Werk arbeitete, ist mehr als erschreckend. Heute weiß man zwar, dass man Tiere nicht töten muss, um sie zu erforschen, aber es gibt so viele andere Risiken, die wir verursachen. „Das Wesen des Lebens“ ist für mich ein Lesehighlight, es hat mich einiges gelehrt und nachdenklich gemacht. Man sollte diesem Roman eine Chance geben, auch wenn er vielleicht anders ist, als das, was man sonst liest. Er verlangt Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, verschlungenen Wegen zu folgen. Er ist es aber auch unbedingt wert, gelesen zu werden.

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