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marcello

Posted on 6.6.2024

Bald zwei Jahre sind seit dem letzten Chris Carter-Thriller vergangen. Aber vielleicht war das auch gar nicht mal schlecht, denn der Autor hatte wirklich ein absurdes Tempo offenbar im Schreiben und wenn man über eine so lange Zeit Figuren begleitet, dann birgt das natürlich gewisse Gefahren. Zu „Der Totenarzt“ hat es nun also etwas länger gedauert und ich finde durchaus, dass dieser 13. Band andere Seiten aufzieht. Man kann nicht wahrlich behaupten, dass Chris Carter immer Kopien erstellt, so war beispielsweise auch der 10. Jubiläumsband deutlich von gewissen Mustern abgewandelt. Aber insgesamt weiß man, was man bei dem Autor bekommt. Brutale Fälle, kurze Kapitel, eine brillante Hauptfigur mit dem Namen Robert Hunter und dann Adrenalin pur. Im Grunde behält „Der Totenarzt“ diese Erfolgszutaten immer noch bei und dennoch hatte ich bei diesem Band zwischendurch ganz neue Eindrücke. Zum einen war die Opferzahl, die wir konkret miterleben, sehr niedrig gehalten. Normalerweise begleiten wir über einen Band hinweg immer einige Opfer, wo oft auch der Eindruck entstand, es muss sich immer nochmal übertreffen. Das war hier gar nicht. Zum anderen hatte ich überhaupt den Eindruck, dass diesmal das Marketing nicht beabsichtigt hat zu tun, als könne Carter sich immer nochmal übertreffen. Denn das ist irgendwann nicht mehr möglich. Nicht nach 12 Bänden, in denen wir wirklich unheimlich viel Ekelhaftes, Gruseliges und Brutales erlebt haben. Aber ich brauche es auch gar nicht, dass es immer noch mehr ist. Dementsprechend fiel mir auch mehr auf, dass „Der Totenarzt“ eine sehr psychologische Komponente hatte. Der Band hat sich allgemein in seiner 13. Runde sehr viel Zeit gelassen. Alleine die Sequenz in der Gerichtsmedizin der Uni, in der wir einer Lehrstunde beiwohnen, war sehr lange aufgebaut, aber ich mochte es. Es ist genau die Stilistik von Carter, die wir sonst eher durch die Augen des Täters oder Opfers erleben, hier ist es mal eine vorwitzige Medizinstudentin, die mal eine großartige Pathologin werden wird. Dann wieder lohnt sich auch der Blick auf den Täter selbst, der nicht gleich als der Brutalste überhaupt inszeniert wird und er will es auch gar nicht sein. Wenn man bedenkt, wie er die Morde tarnen wollte, da wird schnell eine andere Mission deutlich und das ist auch ein Täterprofil, das wir von Carter so oft noch nicht angeboten bekommen haben. Seine Serientäter wollen zwar nicht geschnappt werden, aber doch etwas Bestimmtes in der öffentlichen Wahrnehmung erreichen. Aber nicht dieser hier. Er war die clevere Wahl, um einen ruhigeren Eindruck mit mehr Tiefgang zu vermitteln. Während Hunter und sein Partner Carlos Garcia nämlich den Spuren folgen, gibt es viele Passagen, die sich ausführlich dem Thema Missbrauch in allerlei Formen widmet. Es sind bedrückende Passagen, aber mit so viel Respekt geschrieben, dass es unweigerlich berührt. Auch wenn es lange dabei um die Opfer geht, geht es auch um den Täter und es war eine gelungene Symbiose. Zuletzt habe ich noch einen Aspekt, der für mich auch hervorstach. Auch wenn sich Hunter als Marketinggesicht für die Reihe durchgesetzt hat. Garcia ist auch wichtig und ich habe mich oft über seine Rolle aufgeregt, weil er immer nur dieses Beiwerk war. Hier nimmt er eine sehr prominente Rolle ein. Generell fand ich es auch gut, dass Hunter und Garcia viel isoliert voneinander gearbeitet haben, weil es auch zeigt, dass Hunter seinem Partner vertraut, auch wenn sie so unterschiedlich sind, aber er traut ihm zu, die Ermittlungen genauso zu einem Ende zu bringen, wie er die Fähigkeiten hat. Dazu war dann auch spitze, dass Garcias ganze humorvolle Art sehr gut durchgekommen ist. Ich kann an dem Punkt wirklich nicht mehr sagen, aber es war tolle Garcia-Arbeit hier, was ich sehr zu schätzen weiß. „Der Totenarzt“ war das erste Mal, dass ich Hunter in Hörbuch-Form hatte. Uve Teschner war für mich also eine neue Erfahrung, aber ich muss sagen, dass er stimmlich sehr gut zu der Atmosphäre der Reihe passt. Auch wenn die Wahl schon vor vielen Bänden getroffen wurde, aber auch mehr als 13 Jahre später kann ich es noch lobend festhalten. Fazit: Reihen können sich abnutzen und auch Chris Carter hat in seiner Thrillerreihe zur UV-Einheit des LAPDs viele Höhen und Tiefen erlebt. „Der Totenarzt“ bleibt mir nun als einer der besseren Bände in Erinnerung, weil er vieles anders macht und dennoch Carter erkennen lässt. Es war mehr psychologisch und diesmal auch Spielfläche für Garcia. Also Daumen hoch!

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