herbstrose
Watte im Kopf und ein rätselhafter Berg Seit Großvater gestorben ist wohnt Kalmann, der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn, bei seiner Mutter in Akureyri, wo er für Ordnung auf dem Parkplatz des Supermarktes zuständig ist. Aber jetzt sitzt er im Vernehmungszimmer des FBI in Washington, ist wütend, hat mal wieder „Watte im Kopf“ und versteht rein gar nichts mehr. Er ist doch auf Einladung seines „Samenspenders“, seines amerikanischen Vaters, in die USA geflogen um seine dortige Familie kennen zu lernen. Diese nahmen ihn dann mit zu einem Ausflug zum Capitol, zu dem ein amerikanischer Präsident aufgerufen hatte, und lassen ihn jetzt schmählich im Stich. Ehe Kalmann sich’s versieht, sitzt er auch schon wieder im Flieger nach Island, wo er einen neuen Mord aufzuklären hat. Warum musste Großvater so plötzlich sterben und warum hat er kurz vor seinem Tod noch russisch gesprochen? Sein bester Freund, die Online-Bekanntschaft Noi, hat einen Verdacht, dem Kalmann natürlich nachgehen muss … Der 1981 im Kanton Graubünden/Schweiz geborene Autor Joachim B. Schmidt entschied sich 2007 Island zu seiner Wahlheimat zu machen und erwarb sogar die dortige Staatsbürgerschaft. Nachdem er 2010 mit einer Kurzgeschichte einen Schreibwettbewerb gewann begann er Romane zu schreiben. „Kalmann und der schlafende Berg“ ist sein sechster Roman, für den er den diesjährigen Glauser-Krimipreis in der Kategorie Bester Roman erhalten hat. Heute lebt Joachim B. Schmidt mit seiner Familie in Reykjavik, wo er als Journalist, Autor und Touristenführer tätig ist. Wieder ist es dem Autor gelungen, den in seinen kognitiven Fähigkeiten eingeschränkten Kalmann als äußerst liebenswerten Menschen darzustellen. Man muss ihn einfach gern haben, den eigenwilligen Sheriff von Raufarhöfn, mit all seinen Schwächen und absonderlichen Eigenheiten. Joachim B. Schmidt lässt den Protagonisten selbst berichten, so dass man als Leser die Ereignisse durch seine Gedankenwelt wahrnimmt und dabei stets zwischen Bewunderung und Mitleid schwankt. Ganz nebenbei erfährt man auch einiges vom Weltgeschehen in den 2020/21er Jahren, als Kalmann beim Sturm auf das Capitol in die Fänge des FBI geriet und bei seiner Rückkehr nach Island wegen Corona in Quarantäne musste. Mit viel Witz und beeindruckender Sprachintensität führt uns der Autor an die verschiedensten Schauplätze und glänzt dabei mit seltsamen, teils etwas überspitzten Einfällen, die er gekonnt zu einem großartigen, unterhaltsamen Kriminalroman verknüpft. Fazit: Ein etwas anderer Kriminalroman, witzig und abgedreht komisch – und vor allem gut unterhaltend. Lesenswert!