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zauberberggast

Posted on 26.5.2024

"Es gibt gute Gründe, warum ich mich von Politik und sozialen Fragen fernhalte. Ich schreibe, um die Leute zu unterhalten.” (S. 192) Für alle, die die Serie nicht kennen, ein kurzer Überblick: Der in London lebende Schriftsteller Anthony Horowitz (geboren 1956) gehört zu den kommerziell erfolgreichsten und produktivsten Autor:innen Großbritanniens. Er hat zahlreiche Romane, Krimis, Kinder- und Jugendbücher sowie auch Drehbücher für Film- und Fernsehen und Theaterstücke geschrieben. Seine Ehefrau Jill Green besitzt eine Produktionsfirma. Sie haben zwei erwachsene Söhne, von denen der eine als Berater für den britischen Premier Rishi Sunak arbeitet. Warum erwähne ich die Biographie des Autors so ausführlich? Nun, der Roman “Mord stand nicht im Drehbuch” ist der vierte Band der Hawthorne/Horowitz-Reihe, in die Horowitz sich selbst als Figur hineingeschrieben hat. Zusammen mit dem - natürlich fiktiven - und sehr mysteriösen Privatdetektiv Nathaniel Hawthorne ermittelt er in verschiedenen Mordfällen. Im ersten Band “Ein perfider Plan” bittet Hawthorne den renommierten Schriftsteller Horowitz ein Buch über seine Arbeit mit ihm als Ermittler im Zentrum zu schreiben. Horowitz wird sozusagen zum Watson, denn Hawthorne schleppt ihn zu den Ermittlungen mit, damit dieser wiederum darüber schreiben kann. So geht das nun schon seit drei Bänden und der vierte beginnt damit, dass Horowitz kein weiteres Buch mehr über Hawthorne und sich selbst schreiben möchte: “Tut mir leid, Hawthorne. Die Antwort ist nein. Unsere Vereinbarung ist beendet.” Ein Running-Gang, denn Horowitz möchte nach jedem - für ihn selbst meist sehr riskanten - Fall aufhören. Als kurz nach der London-Premiere von Horowitz’ Krimikomödie “Mindgame” genau die Theaterkritikerin erstochen wird, die die erste schlechte Kritik über das Stück geschrieben hat, wird es aber brenzlig für Horowitz: Er gerät unter Mordverdacht und alle Indizien sprechen gegen ihn. Da kann ihm nur noch der eine helfen, den er kurz zuvor zurückgewiesen hat: Hawthorne. Bei den Hawthorne/Horowitz-Romanen denke ich mir immer, wie schwierig es doch sein muss - selbst für einen so versierten, erfolgreichen Autor wie Horowitz - sich selbst als literarische Figur darzustellen. Wie viel von meiner Persönlichkeit möchte ich wirklich preisgeben, wie transparent möchte ich für meine Leserschaft werden? Zumal ist Horwitz auch ein sehr erfolgreicher Autor von Jugendbüchern, viele junge Menschen lesen und verehren ihn. Und bei Horowitz ist es ja extrem, denn er spricht neben seiner Familie - seine Frau Jill tritt ja sogar als handelnde Figur auf, die beiden Söhne bleiben nur Statisten - über seine Erfolge und Misserfolge sowie auch nicht so positive Charakterzüge seiner selbst. Ein Schriftsteller zum Anfassen. Ob er wirklich in der real existierenden Cowcross Street im Londoner Stadtteil Farringdon in einer Penthouse Wohnung lebt, wie im Buch behauptet? Kann gut möglich sein. Ich wäre schon verblüfft, wenn die Adresse wirklich stimmt, aber ich traue es ihm zu. Realität und Fiktion vermischen sich hier auf eine ungewöhnliche Art und Weise, die wohl wirklich Erfolg bei seiner Leserschaft zu haben scheint, wie es seine Agentin zum Schluss nochmal betont: “Dass Sie selbst in den Büchern auftauchen, ist wirklich ungewöhnlich. Die Reaktionen auf ‘Ein perfider Plan’ waren sehr positiv. Viereinhalb Sterne bei ‘Goodreads’ und eine tolle Besprechung in der ‘Mail on Sunday’.” (S. 322) Der Fall hat mir diesmal wieder ausgesprochen gut gefallen. Man kann wunderbar miträtseln wer der/die wahre Täter/in ist, denn Verdächtige gibt es wirklich zu Hauf. Auch dass es diesmal um das Theatermilieu - “the play within the novel” sozusagen - geht, hat mich persönlich sehr angesprochen da ich Romane über Schauspieler:innen, die meist einen extravaganten Charakter haben und dementsprechend literarisch viel zu bieten, sehr mag. Jetzt kommt aber doch noch ein Kritikpunkt. Und zwar ist mir in diesem Band ein ziemlicher “Ageism” aufgefallen, sprich, wie Horowitz das Alter von manchen Charakteren einstuft bzw. was er damit assoziiert. Und zwar bezeichnet er einmal eine “ungefähr vierzig Jahre” (S. 282) alte Person, die er für einen Immobilienmakler gehalten hat, als “zu alt” um diesen Beruf auszuüben. What? Immobilienmakler:innen sind mit vierzig also zu alt für ihren Beruf - wieder was gelernt! An anderer Stelle heißt es über einen Anfang sechzig Jahre alten Lehrer, er wäre ein “alter Mann”. Und eine ca. siebzigjährige Frau ist eine “sehr alte Frau”. Da frage ich mich doch, ob der auf Fotos agil und fit wirkende Horowitz, der auch bald siebzig wird, sich selbst als “sehr alten Mann” bezeichnen würde. Irgendwie ist dieses Alterskonzept doch strange bzw. wirkt wie aus der Zeit gefallen. “Alt” beginnt für mich bei 80, “sehr alt” bei 90 und Immobilienmakler:innen würde ich durchaus auch mit 40 als fähig halten, ihren Job auszuüben, ohne dass ihnen die Exposés aus der zittrigen Hand fallen. Ein Wermutstropfen in einem durchaus ansprechenden und erfrischenden Krimi-Cocktail! Übersetzt von Lutz-W. Wolff.

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