Marcus Jordan
Ein fulminanter Roman. Teilweise fand ich ihn geradezu belastend dicht und enorm. Es vergehen kaum mal 3 Seiten ohne dass man mit der Zunge schnalzt oder geradezu schockiert innehält ob der nächsten großartigen Bebilderung, die einem Powers ins Hirn zaubert. Ein Familienepos klassisch us-amerikanischer Machart. Franzen, Williams... Die Geschichte einer Familie von Mischlingen in den USA. Ein deutschjüdischer Flüchtling heiratet nach dem Weltkrieg in den USA eine Schwarze und bekommt drei Kinder. Alle musikalisch hochbegabt. Der eine Bruder erzählt. Wesentlich von der Sängerkarriere des anderen Bruders. Dann vom politischen Engagement seiner Schwester. Sein eigenes Leben, das der Eltern. Und das alles auf dem Weg in ein vielleicht neues Amerika? Durch die Rassenunruhen, durch eine sich immer schneller, immer wieder neu erfindende Gesellschaft, in der sie die totalen Außenseiter sind. Letztlich verstoßen von beiden Rassen. Powers schreibt über Dinge, von denen ich nichts weiß. Rassismuserfahrung und aber auch sehr tief und detailliert über Musik. Das sind die Pole seiner Erzählung. Bei beidem meint man kaum zu lesen, sondern eher zuzuhören und man meint zu verstehen. Powers hat das Buch 2005 veröffentlicht. Als Weißer schreibt er einen fast 1000 Seiten Roman über (schwarze) Rassimuserfahrung. Ich hatte den Autor nicht auf dem Schirm und habe ihn nach 100 Seiten Begeisterung gegoogelt. Und war zutiefst verwundert zu erfahren, dass er weiß ist. Wie wurde das damals aufgenommen, wie würde es heute aufgenommen? Wie fühlt sich das Buch an für einen Schwarzen, der es liest? Ich jedenfalls bin mit meiner Empathie für Rassimuserfahrung in ganz neue Nischen geführt worden. Habe mich immer wieder geschämt..."natürlich auch hier passiert es"..."natürlich auch das ist verletzend, oder verunsichernd, oder verspannt oder toxisch oder lähmend." Ein großes Buch.