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Gibt es ein artenübergreifendes Bewusstsein? Dieser Roman von Ray Nayler hat es in sich – in jeder Beziehung. Und noch dazu sieht er wunderschön aus. Das Cover fühlt sich an, als wäre es aus Stoff, ist themengemäß wunderbar gestaltet und dann der Schnitt in lila, bemerkenswert. So ein feines Buch hält man selten in der Hand. Hier die Unterteilung der Abschnitte: 1 Qualia, 2 Umwelt, 3 Semiosphäre, 4 Autopoiesis, Epilog & Dank. Allen – meist erfreulich kurzen Kapiteln – sind „Buchausschnitte“ vorangestellt, entweder von der Protagonistin Dr. Ha Nguyen aus ihrem Buch: „Wie Meere denken“ oder auch von der später zugereisten Wissenschaftlerin Dr. Arnkatla Mínervudóttir-Chan: „Die Mauern des Geistes“. Ergibt viel Stoff zum Nachdenken. Am Anfang wird Dr. Ha Nguyen mit einem selbstfliegenden Hexacopter im strömenden Regen nachts auf der Insel Con Dao abgesetzt. Ein ehemaliges Militärfahrzeug – auch selbstfahrend – bringt sie dann zu einem Lost-Place-Hotel, wo sie von einer merkwürdigen Person empfangen wird. Gruselig. Ich dachte zuerst, das sei der angekündigte Android. Die merkwürdige Person ist aber eine Söldnerin namens Altantsetseg. (Wie kann man nur eine Protagonistin so nennen?) Die Mission dieser drei Personen: Dr. Ha, Altantsetseg und Android Evrim ändert sich von Zeit zu Zeit und sie wissen nicht, woran sie sind. Später kommt noch die Wissenschaftlerin Dr. Arnkatla Mínervudóttir-Chan zu ihnen auf die Insel. Sie sollen die Kraken im Schutzgebiet erforschen und erleben Seltsames. Frau Chan hatte einmal geäußert: „Das Großartige und das Schreckliche an der Menschheit ist: Wir werden immer das tun, wozu wir in der Lage sind.“ (S. 50) Dieser Roman birgt viel Stoff zum Nachdenken: selbstfahrende und selbstfliegende Fortbewegungsmittel aller Art, KI überall, wo man hinschaut, in unterschiedlichsten Entwicklungsstufen. Der Android Evrim, der für einen Roboter erstaunliche Gefühle und Einsichten entwickelt. Menschen auf dem Festland, die auf offener Straße geraubt werden und zwangsweise zu Sklaven auf Fangschiffen mutieren. Kraken, die durch Symbole mit Menschen kommunizieren und umgekehrt. Wozu sind wir in der Lage? Können wir uns in Wesen hineindenken, die im Meer leben? Können sie sich in uns hineindenken, die wir an Land leben? Kann die KI sich in uns hineindenken und wir uns in sie? Was ist überhaupt Bewusstsein? Und was können wir rekonstruieren? „Wir hingegen können jetzt das gesamte Schloss rekonstruieren, bis ins kleinste Detail: nicht nur jede Masche der Wandteppiche darin, sondern selbst jeden einzelnen Gedanken, der den Menschen, die dort gelebt haben und gestorben sind, jemals in den Sinn gekommen sind.“ (Sagt Frau Chan in ihrem o. g. „Buch“. S. 36) Es wird viel philosophiert, über das Zusammenleben „zufällig“ zusammengewürfelter Personen, die vorher wenig oder nichts miteinander zu tun hatten. Über die Grenzen der Wissenschaft und ob es diese Grenzen überhaupt gibt und wann die rote Linie überschritten wird und ob das sein darf? Und was sich alles ändert, wenn das Ganze (die Mission, bzw. die Aufgabenstellung) eine völlig andere Überschrift bekommt, bzw. nichts von dem mehr stimmt, wovon man ursprünglich ausgegangen ist? Was ist unser Leben dann noch wert? Und könnten wir auf dieses Inselleben verzichten, wenn wir wüssten, was uns hier erwartet? Gesetzt den Fall, wir versetzen uns hinein in unsere Protagonisten. Es kommen auch noch diverse andere Personen zu Wort – außerhalb dieser vom Technologiekonzern DIANIMA beschlagnahmten Insel. Da rätselt der Leser, was diese Personen mit „unserer“ Mission zu tun haben. Aber am Ende schließt sich der Kreis – mehr oder weniger. Fazit: Haben wir es hier mit einem Ökothriller zu tun? Ja, es passieren Morde, Gruseliges und viel Unvorhergesehenes, aber hauptsächlich lässt uns dieser Roman sehr, sehr nachdenklich zurück. Also: Wer das Ungewöhnliche liebt, der ist hier genau richtig.