annamagareta
Erschütternd & berührend „Zeit zu verzeihen“ ist ein historischer Tatsachenromanen der in Salzburg lebenden Autorin Hera Lind. Im Januar 1945 beschließt Rosa mit ihren drei Söhnen Viktor, Walter und Heinz, die Heimat mit dem Zug Richtung Westen zu verlassen. In letzter Minute wird ihr klar, dass es nicht nach Westen, sondern nach Sibirien gehen soll. Es gelingt ihr mit ihren Kindern aus dem Zug zu entkommen. Zeitgleich steigt Barbara mit ihrem Baby in den Zug. Dieses wird ihr jedoch von einem russischen Offizier entrissen. Auf der Toilette entdeckt Walter das Baby und möchte es am liebsten behalten. Als Margit mit ihrer Tochter Elvira, die auch in den Westen wollen und den Zug verpasst haben, dazukommen, übernehmen sie das Baby und nennen es Clara. Im ersten Teil werden die Ereignisse vornehmlich aus Rosas - zwischendurch auch aus Viktors und Barbaras- Perspektive geschildert. Außerdem kommen noch die Erinnerungen von Viktor, die er fast siebzig Jahre später für seine Enkelinnen aufgeschrieben hat, dazu. Im zweiten Teil, der 1965 beginnt, steht Clara im Vordergrund. Sie hat in Ostdeutschland eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und erfährt, dass ihre leibliche Mutter in einer psychiatrischen Einrichtung lebt und versucht sie zu finden. Außerdem lernt sie Viktor kennen und lieben. Der Schreibstil von Hera Lind ist unglaublich fesselnd. Durch die Perspektivwechsel erhält man einen guten Einblick in das Leben der Charaktere, kann sich in sie hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen. Die Ereignisse sind tragisch. Was Rosa mit ihren drei Söhnen durchstehen muss ist ebenso kräfteraubend wie das Schicksal, das Clara 20 Jahre später durchlebt. Man mag kaum glauben welche Energie die Frauen aufgebracht haben, um ihre Liebsten zu schützen. Die Grausamkeiten, die sie durchleben sind erschütternd und immer wieder erschreckend. Die Protagonisten zeigen so viel Stärke und stehen stellvertretend für viele andere Frauen, die Ähnliches erleben mussten. Das Buch ist nicht leicht zu lesen, da es grausame historische Ereignisse ungeschönt wiedergibt. Hera Lind hat hier wieder einmal gekonnt Fiktion und Fakten miteinander verwoben. Mich hat ihr Buch erschüttert und berührt. Mit ihrem Nachwort, in dem die Autorin erklärt wie es zu dem Titel des Buches kam, rundet sie ihr Werk gelungen ab. Von mir gibt es für Leser, die historische Romane, die auf wahren Begebenheiten beruhen, eine klare Leseempfehlung.