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Frauen, Familie und Gesellschaft Zwei Schwestern stehen zentral in Yandé Secks mitreißendem Roman, Dieo und Zazie. Zwei unterschiedliche Frauen. Dieo ist verheiratet, hat drei Söhne, versucht in ihrem Leben zurecht zu kommen, versucht zu funktionieren. Zazie ist jünger und versucht noch ihren Platz zu finden, ist aggressiver als Dieo, aus verschiedenen Gründen heraus. Die Eltern von den beiden Frauen sind die etwas herrisch auftretende Ulrike und der aus dem Senegal stammende Papis. Als weitere Personen treten in der Geschichte Simon, Dieos Mann, ihre drei Söhne Jonathan, Leander und Otis und Max, Zazies Freund auf. Über diese Konstellation lassen sich Einblicke in die Familienstruktur gewinnen. Revoluzzergeist trifft auf konformes Denken, in dieser Familie ist so einiges los. Das gefällt. Mir auf jeden Fall. Dann kommt mit den Örtlichkeiten Frankfurt und Offenbach und deren städtischen Gegebenheiten noch eine weitere Gesellschaftskritik hin zu. Ebenso wie nicht nur das Thema People of Colour zentral steht, sondern auch der Geschlechterdisput. Ein richtig interessantes Konglomerat. Und auch ein spannendes Konglomerat. Eine Reise der beiden Hauptprotagonistinnen in den Senegal lässt dann noch eine andere Kultur aufblitzen und damit auch Fragen zu unserer Kultur. Nicht schlecht, Frau Seck. Durch die Menge an Protas erscheint das Buch etwas unstrukturiert, könnte man zumindest meinen, mir erschien es nur kurz am Anfang des Buches so, dann glättet sich alles, denn ich war im Flow. Aber zurück zur Struktur, ist denn das Leben generell strukturiert oder hüpfen wir nicht mehr oder weniger gekonnt von Termin zu Termin. Alles schnell und möglichst perfekt erledigen mit einem Blick auf einen Zeitpunkt, wo man mal kurz Luft holen kann. Und genau diesen Geist erfasst dieses Buch in meinen Augen. Dieses Funktionieren in unserer westlichen Welt. Man merkt, dass eine Psychotherapeutin hier ihren Blick auf eine von ihr gezeichnete Welt wirft, mit authentischen Protagonisten, die mehr oder weniger geschickt ihr Leben meistern. Wie wir alle. Denn diese präzise geschnittenen Geschichten gibt es wohl eher in der Fantasie, weniger in der Realität. Hat mir gefallen dieser Blick in Dieos und Zazies Welt, dieser Blick auf die weißen Wolken, die wir mit uns tragen, die mal mehr oder mal weniger verblasst sind.