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biancaneve66

Posted on 6.4.2024

Alpines Kleinod und sein Klon Die Ärztin Johanna übernimmt nach dem Tod des Vaters dessen Praxis; im Elternhaus findet sie viele Erinnerungen, in der schöne Bergwelt des Salzkammerguts erwandert sie mit ihrer Zwillingsschwester, die immer in Hallstatt geblieben ist. Die vermeintliche Idylle leidet allerdings an Overtourism. Strategieberater Ren besucht seine frühere Heimat Österreich im Auftrag der chinesischen Regierung, um Hallstatt zu erkunden, das die chinesischen Touristen gern besuchen. Die tatsächliche Hallstatt-Kopie in China macht die Einwohner des österreichischen Originals fassungslos und Johanna samt Zwillingsschwester neugierig auf die spiegelverkehrte Kopie. Der Buchtitel beherrscht in bunten Lettern die Zeichnung der Stadt am See, die wie ein Werbeplakat aus dem letzten Jahrhundert anmutet. Die Geschichte rund um die Stadt im Salzkammergut und deren Kopie wird alternierend (teils innerhalb der Kapitel) über Johannas Leben und über den Ich-Erzähler Ren dargestellt. Der Roman ist drei Teile gegliedert und umfasst kurze Kapitel mit aussagekräftigen Überschriften. Der Name der Stadt „Hallstatt“ kommt erst im dritten Teil, und auch hier nur selten vor. An allen anderen Stellen wird der Touristenmagnet nur umschrieben. Meindl verwendet oft verschachtelte Sätze, etliche Wortspiele und viele Gedanken der Protagonisten, die sich manchmal überschlagen; und sie bedient sich an sehr vielen Stellen in ihrem Debütroman einer humorvollen Sprache. Die verschiedenen Handlungsstränge sind gut miteinander verknüpft, die Anekdoten der Traditionsbewussten und der Modernen reißen sehr viele Themen an, dennoch wirkt das Werk nicht überladen. Dem Besuch der beiden Schwestern in der nachgebauten Stadt wird gerade soviel Platz eingeräumt, wie diese Kopie verdient. Insgesamt handelt es sich bei dem Roman um ein Buch, das man wegen seiner Sogwirkung nicht gerne aus der Hand gibt.

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