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schneewehe

Posted on 15.3.2024

Nach dem Titel, dem schönen Cover und dem Klappentext habe ich etwas anderes erwartet, als das was ich bekommen habe. Das ist aber nicht negativ gemeint, sondern eher in dem Sinn, dass man sich auf das Buch einlassen und in den Rhythmus und die Erzählweise hineinfinden muss. Maggie Millners Buch ist kein Roman im herkömmlichen Sinne. Es ist vielmehr eine Erzählung in Versen mit eingeschobenen Passagen in Prosaform. Die Autorin experimentiert mit Sprache, Worten, Stilen. Das Ergebnis ist ungewöhnlich, aber kraftvoll. Immer wieder bleibt man an einzelnen Sätzen hängen, die einen geradezu umhauen. Dann aber gab es auch Stellen, über die ich gestolpert bin. Das mag daran liegen, dass einiges auf Deutsch einfach nicht so wiedergegeben werden kann wie im Original. Trotzdem muss die Leistung der Übersetzerin Eva Bonné wirklich hervorgehoben werden. Die Übersetzung ist sehr gelungen. (Es macht aber auch Lust, mal in das Original hineinzuschauen). Ich lese sonst nur sehr selten Lyrik. Der Stil der hier verwendeten Paarreime erinnert mich etwas an Poetry Slam. Man sollte das Buch unbedingt laut lesen! Es gewinnt dadurch so viel mehr und die Stärke der Lyrik-Passagen kommt viel besser zum Tragen. Außerdem findet man besser in den Rhythmus der Verse hinen und es verhindert zudem, dass man zu schnell liest. Das ging mir teilweise so und musste mich konzentrieren und habe einige Seiten mehrfach gelesen, um nichts zu verpassen und um es richtig zu verstehen. Es ist kein Buch, das man überfliegen sollte. Man sollte sich Zeit nehmen und sich auf die Sprache und den Stil einlassen. Auch die Prosa-Abschnitte sind auf ihre Weise sehr kraftvoll. Sie sind in der zweiten Person geschrieben, was ganz neu für mich war. Dadurch wirken sie distanzierter, reflektierender und können einen Teil der Geschichte noch einmal auf ganz andere Art erzählen. Das Zusammenspiel aus den Lyrik-Teilen und der Prosa ist sehr gelungen. Der Inhalt war jedoch teilweise nicht so meins. Mir kam zu wenig von der Beziehung herüber und ich fand den Fokus zu einseitig gesetzt. Hauptthema in der Darstellung der neuen Beziehung war Sex. Nur ganz am Rande werden andere Seiten kurz aufgezeigt, z.B. dass sie sich Gedichte vorlesen. Das war für mich zu einseitig und das finde ich schade, denn mit den kraftvollen Worten und dem starkenStil hätte man so viel mehr noch erzählen können oder zumindest den Fokus nicht so einseitig. Zwischendurch fand ich auch, dass die Protagonistin zu sehr jammert und sich ins Selbstmitleid begibt. Jedoch ist es vielleicht auch einfach sehr ehrlich und reflektierend. Aber auch wenn es sich nicht um eine Beziehung oder Liebesgeschichte handelte, wie ich sie mir vorstelle, kann ich aus der Geschichte etwas mitnehmen. Das Buch hat mich berührt, beschäftigt mich weiter, lädt zum Nachdenken ein. Und ist das nicht etwas, was ein Buch tun sollte? Ich freue mich jedenfalls, dass ich dieses Buch gelesen habe. Ich kann das Buch weiter empfehlen für alle, die mal etwas ganz Anderes (bzw. ganz anders) lesen wollen, die sich für die Wirkung von Sprache in verschiedenen Formen interessieren. Lasst euch auf dieses Buch ein, es ist außergewöhnlich und eindrucksvoll.

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