R. S.
Jim bekommt eine eigene Stimme und was für eine! "James" erzählt den Klassiker "Die Abenteuer des Huckleberry Finn" erfrischend neu. Erzählt wird die packende Neuerzählung der bekannten Geschichte, die in den 1840er-Jahren in Missouri spielt, aus der Sicht des Sklaven Jim, der sich lieber James nennt. Jim mimt den dummen Sklaven, er ist aber genau das Gegenteil davon. Er ist intelligent, kann lesen und schreiben und zeichnet sich durch Empathie gegenüber seinen Mitmenschen aus. Als er an einen Mann in New Orleans verkauft werden soll, was ihn von seiner geliebten Frau und Tochter trennen würde, flieht er gemeinsam mit Huckleberry "Huck" Finn, der seinem gewalttätigen Vater entkommen will. Für beide beginnt eine Reise voller Abenteuer den Mississippi herunter, um die freien Staaten zu erreichen. Mehr als einmal muss Jim hierbei Huck retten. Anfangs noch der ursprünglichen Handlung folgend, beginnt Everett etwa ab der Mitte des Romans anhand überraschende Wendungen die Geschichte in eine andere Richtung zu lenken. Es wird deutlich, dass es nicht Hucks Geschichte, sondern Jims ist. Man taucht in Jims Gedanken- und Gefühlswelt ein und bekommt einen Eindruck davon, was es heißt, ein Sklave zu sein. Stimmungsvoll wird hierbei eine Bild der damaligen Zeit erzeugt. Der Autor ist sich des historischen Kontextes des Romans bewusst, schafft es jedoch, die sozialen und rassischen Belange unserer heutigen Zeit anklingen zu lassen. Einzig am Anfang braucht der Roman etwas, um an Fahrt aufzunehmen. "James" ist voller Action und Satire, aber auch ernsten Momenten und ein gelungenes Beispiel dafür, wie man einen Klassiker in die Gegenwart überführt, ohne dabei den Geist des Originals zu verlieren. Everett erzählt all dies in seiner scharfen und direkten Prosa düsterer, gewalttätiger, unheimlicher und moralisch verdorbener als im Original.