Buchdoktor
Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé-Dundadengar wollen Eltern und Kindern Kulturpraktiken vermitteln für eine vielfältige Gesellschaft ohne Diskriminierung und Abwertung. Die derzeitige Antidiskriminierungsbewegung sei kein kurzfristiger Trend, sondern gemeinsame Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft, so die Autorinnen. Die 10 Kapitel zu jeweils rund 25 Seiten gliedern sich in zwei Hauptteile. Für die Einzelthemen wurden jeweils Co-Autor:innen hinzugezogen, deren Berichte aus eigenem Erleben beeindrucken. Zunächst geht es um Rassismus gegenüber Schwarzen, Asiaten, Muslimen, Juden, Sinti und Roma, also aufgrund von Herkunft, Kultur oder Religion. In bi-nationalen Ehen erleben Familien häufig, dass Kinder einer Familie von Außenstehenden je nach Hautton unterschiedlich gelesen werden, so dass ein dunkelhäutigeres Kind drastischere Rassismus-Erfahrungen macht als seine Geschwister. Auch der zweite Teil (Bodyshaming, Queerness, Behinderte, Klassismus, Armut) dient dem Bewusstmachen von Stereotypen und einer oft gedankenlosen, (laut Daniela Dröscher) „ungelenken Sprache“ als Fundament für Diskriminierung. Das Autorinnenteam zeigt den Unterschied auf zwischen persönlicher Kränkung und struktureller Diskriminierung in Schule, Arbeitswelt, auf dem Wohnungsmarkt. Wichtig sind ihnen historischer Hintergrund (Kolonialisierung/Missionierung anderer Völker), das Bewusstmachen von Stereotypen aus Film u. a. Medien (Faschingskostüme, Lieder), Projektion eigener Ängste, sowie fehlende Repräsentation der o.g. Gruppen in Kinderliteratur und Lehrbüchern. Dass Diskriminierung nicht allein aus „Othering“ einer multikulturellen Gesellschaft gegenüber vermeintlich Fremdem entsteht, sondern Einwanderer oft eigene Stereotype und Abwertungen importieren, ist hier nicht Thema. Mangelhaft fand ich die Literatur-Tipps zum Empowern in den Einzelkapiteln. Einzelne Titel erwiesen sich in der Praxis der Literaturvermittlung als ungeeignet (zu alt, teils fehlende Alterseinstufung: ein Comic ist nicht automatisch ein Kinderbuch, Altersgruppe 9-12?, auch für männliche Leser? afrodeutsche Autor:innen für Erwachsene?). Auf diese willkürliche Auswahl weniger Titel würde ich gern verzichten zugunsten einer umfassenderen annotierten Grundbestandsliste zum Download. Fazit Positiv fällt mir die Vielstimmigkeit des Buches auf durch hinzugezogene Co-Autor:innen, sowie die bisher in der Anti-Rassismus- und Anti-Diskriminierungs-Bewegung vernachlässigten Themen antiasiatischer Rassismus und Klassismus/ungesehene Armut. Als Einstieg ins Thema regt „Mit Kindern über Diskriminierungen sprechen“ als optisch gelungenes, lesefreundliches Buch an, sich eigener Stereotypen und vorschneller Wertungen im Umgang mit anderen Kulturen bewusst zu werden. Auf kleinem Raum finden sich eine Vielzahl von Tipps für eine diversere Sicht - erwachsener Leser:innen - auf das Einwanderungsland Deutschland, weniger Raum erhält die Umsetzung im Gespräch mit Kindern.