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nicole_leseeule_36

Posted on 3.3.2024

Bei diesem Debütroman „Paranuit“ handelt es sich um den 1. Band einer Trilogie aus dem Sanderversum. Vor dem Hintergrund eines Kriminalfalls entspinnt sich mit Paranuit ein queerer Entwicklungsroman von hoher erzählerischer Dichte, in dem sich erotische, spannende und psychologische Elemente ineinanderfügen. Minutiös und dialogverliebt wird die Entstehung zwischenmenschlicher Beziehungsgeflechte abgebildet. Es geht direkt hinein in die Handlung, hinein in einen Club „Velvet“ der besonderen Art und zur ersten prägenden Begegnung zwischen Kolja und Esther. Zunächst war es alles etwas verwirrend für mich, ich musste mich erst hineinfinden und auch an die ausdrucksstarke Sprache gewöhnen. Es ist ein sehr wortreiches und detailgetreues Wiedergeben der Empfindungen, des Umgang und der Kontaktaufnahme zwischen den Protagonisten. Neben aufzuklärender Morddelikte und dem Auffinden von Hinweisen des Verschwindens von Frauen, lernen sich hier auch verschiedene Personen kennen, die vielleicht so nie aufeinander sonst getroffen werden. Jeder dieser Charaktere ist sehr individuell, alle sind charakterstark und haben entsprechende Erlebnisse und prägende Erfahrungen. Was hier besonders hervortritt, ist der Umgang miteinander. Alle sind sehr kommunikationsstark, gehen soweit offen und ehrlich miteinander um, soweit das Vertrauen auch gefasst ist und sind neugierig aufeinander. Sie verurteilen nicht von vorne herein, sondern lernen sich kennen, tauschen sich aus und Vertrauen durch Taten und Wahrheiten. Als ich dann langsam ein Gefühl für den Roman bekam, konnte ich mich auch voll und gang darauf einlassen und vor allem folgen. Jedoch ist es kein Roman für mich, denn man mal eben schnell wegsuchten kann, denn er ist fordern, gedankenreich und einnehmend. Für mich war es wichtig ihn langsam aufzusaugen und mitzuwachsen. Der Roman ist auf einer Art fesselnd, an der Art was es alles zu entdecken gibt und was die Charaktere teilweise schon alles erlebt haben. Besonders zum Ende hin wird es sehr spannend und natürlich war es schon fast zu erwarten, dass der Leser auf den Fortgang der Story bis zum nächsten Teil warten muss. Die Themenschwerpunkte liegen hier unter anderem bei BDSM, Erotik, Trauma, Polyamorie und Autismus. Die Handlung bewegt sich über einige Wochen hinweg, verläuft allmählich zu seinen Zenit und hebt seinen Spannungsbogen durch seine stetigen Enthüllungen und vielschichtigen Charaktere. Esther Sander, Privatermittlerin, ist eine beeindruckende starke Frau, die eine einschneide Erfahrung gemacht hat und diese bislang nicht verarbeiten konnte. Sie lebt alleine, ist ein Freigeist, hat einen gewissen Drang zum Masochismus, wird sich nicht festlegen. Kolja Lorenz, ist Polizist bei der Mordkommission. Sein feines Gespür, sein Auffassungsvermögen, seine Sensibilität, lässt ihn hinter die Fassaden der Menschen blicken. Seine Job macht einsam, manches belastet ihn schwer und doch würde er nichts anders tun. Er hinterfragt, kann zuhören, aber genauso gut mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Nebencharaktere spielen tragende Rollen, zum einen um die Handlungen der anderen zu verstehen oder auch um den Blick und den Horizont transparenter zu gestalten. Sie alle geben die richtige Würze noch mit hinein und schließen das Gesamtbild. Der Schreibstil ist sehr wortgewandt, wortreich und vor allem fordernd. Er ist kommunikativ stark ausgeprägt, die einzelnen Beschreibungen manchmal umspielend und umschreibend, so dass sich nicht sofort ein entsprechendes Bild dazu aufbaut, aber ist man einmal gedanklich tief drin in seiner Komplexität kommt auch die detaillierte Bildgewandtheit durch. Die einzelnen Szenen sind ästhetisch stilsicher aufgebaut und auch in ihrer Sprache sehr auf Ausdruck bedeutend bedacht. Die einzelnen Kapitellängen sind unterschiedlich lang und tragen kleine passende Titel. Die Handlung wird im Erzählstil wiedergegeben, die einzelne Charaktere bekommen hierbei genügend Präsenz. Das Buchcover ist ausdrucksstark und passt für mich sehr gut zum Roman. Eine Art Bühne, ein Beschützer, das unbekannte Ungewisse. Mein Fazit: Ein sehr bewegenger Beginn dieser Trilogie und einer in den Gedanken bleibende Debütroman. Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung.

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