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Yvonne Franke

Posted on 3.3.2024

Pia Klemp ist Aktivistin für Tier- und Menschenrechte, an Land und auf See. Sie war mit Meeresschutzorganisationen und als Kapitänin der Seenotrettung unterwegs. 2019 bekam sie eine Mail von Streetart-Künstler Banksy, der sie bat mit seinem Geld ein Schiff zu kaufen und es einzusetzen zur Rettung schiffbrüchiger Flüchtender im Mittelmeer. Und wenn Pia Klemp schreibt, dann ebenfalls aus einer kämpferischen Haltung heraus. Womit sie gut in das Programm des Maro Verlags passt, in dem viele starke ungewöhnliche Texte Zuhause sind, die wichtige gesellschaftliche Schlaglichter setzen und dabei auch literarisch überzeugen. (Vor einiger Zeit hatte ich Euch von dem im letzten Jahr erschienenen Roman "Leere Menge" der Mexikanerin Verónica Gerber Bicecci vorgeschwärmt, der dann mit dem Preis der Hotlist 2023 ausgezeichnet wurde). Also weiterhin stimmt es: haltet die Augen offen nach Maro-Neuerscheinungen. Pia Klemps Roman "Die Schrecklichen" ist ein genüßlicher linker Haken in die Magengrube. Ihre Heldin Gorgo, benannt nach den Gorgonen, den Schwestern der Medusa, die man nur ansehen muss und schon erstarrt man zu Stein. Sie ist die Oberschreckliche. Gorgo kann es einfach nicht gut sein lassen. Nie. Sie kämpft gegen das Patriarchat, na klar, gegen den Kapitalismus, und das Essen von Tieren. Auch klar, denn da trifft sich schließlich alles, was richtig übel ist am Menschsein. Wenn man Gorgo auf eine Party einlädt, kann man sich sicher sein, dass sie an jeder Ecke einen politischen Tumult anzettelt. Gorgo ist anstrengend – und das vor allem für sich selbst. Auch, wenn sie weiß, dass all ihre Wut gut begründet ist, wünsch sie sich immer öfter, vor sich selbst fliehen zu können. Deshalb trinkt sie zu viel, feiert zu viel, wirft sich Liebschaften an den Hals – nur um endlich mal eine kleine Weile den Kopf abschalten zu können. Die Analysen und Schimpftiraden, die Pia Klemp ihrer Protagonistin aus dem Hirn sprießen läßt wie verführerisch duftende Giftpflanzen, sind scharfsinnig, überzeugend – ja man will das meiste davon auswendig lernen und immer parat haben. Aber es wird auch spürbar, wieviel Kraft in diesen ewigen Kampf fließt und, dass es nicht der Kampf einer einzelnen Gorgo sein kann. Da müssen wir alle ran, weil wir uns sonst einander zum Fraß vorwerfen. Und es hilft der Sache, dass die Schrecklichen hier echte Menschen sind. Zart und böse und wütend und auf dem richtigen Weg.

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