Yvonne Franke
Bei Ullstein sind in den letzten zwei Jahren Neuübersetzungen einiger der wichtigsten Werke Joan Didions erschienen. Dass man für diese umfassende Arbeit Antje Rávik Strubel gewinnen konnte, deren Roman "Blaue Frau" 2021 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, ist eine schöne Huldigung. Eine Modernisierung brauchen Didions Texte allerdings nicht. Sie sind unmittelbar. Auch im Fiktionalen mit reportagenhafter Präzision. "Play it as it lays" erzählt die Geschichte von Maria, gesprochen Mareia, wie Mariah Carey. Wenn man sich das merkt, führt es dazu, dass man jedes Mal, wenn ihr Name auftaucht innehält, um ihn richtig mitzudenken. Das ist ein schöner Effekt, der etwas Fahrt rausnimmt aus dem Strudel, zu dem Marias Leben geworden ist. Sie war von New York aus nach Los Angeles gekommen, um Schauspielerin zu werden und in Ansätzen hat das auch geklappt. Doch da waren auch die Liebe, die Scheidung, die Affären, der Alkohol und eine zu der Zeit, den 1960er Jahren, illegale Abtreibung. Maria erzählt uns ihre Geschichte von einer psychiatrischen Klinik aus. Mit knapper, durchaus kunstvoller Sprache, aber auch, als wäre es jemand anderes Leben oder einer ihrer Filme, in dem sie gezwungen war eine dumpf schmerzhafte Rolle einzunehmen. Eine Art Drogenschleier liegt über dem Text – leicht berauschend. Man darf, soll ja hinsehen und fühlt sich doch etwas voyeuristisch, weil der Zerfall der jungen Protagonistin so unvermeidlich ist und Didion schonungslos den Scheinwerfer drauf richtet. Ich begann anschließend das Memoir des kürzlich verstorbenen Schauspielers Matthew Perry zu lesen und die Parallelen sind erschreckend. Didion hat sich genau umgesehen in Hollywood.