marcello
Ich habe die „Westwell“-Reihe von Lena Kiefer insgesamt wirklich sehr gerne gelesen, auch wenn ich im Vorfeld skeptisch war, denn für ein Paar, drei Bände? Da besteht immer die Gefahr, dass es zu langatmig wird und zu viel künstliches Drama erzeugt wird. Auch wenn ich die Kritikpunkte bei der genannten Reihe nicht gänzlich leugnen kann, so muss ich insgesamt dennoch sagen, dass die Vorteile deutlich überwogen haben und das sind vor allem die Chemie des Paares sowie die sehr guten Spannungselemente gewesen. Deswegen war ich auch sofort elektrisiert, dass mit Reihenende gleich die nächste Reihe „Coldhart“ parat stand und das im selben Universum und zu Eli!!! ja, das war eine tolle Nachricht und ich konnte es wirklich nicht abwarten, dass es endlich losgeht. Eli oder wie wir ihn jetzt nennen: Elijah, war in der ersten Reihe schon eine faszinierende Figur. Aber es war nicht nur seine tragische Geschichte, wegen der ich ihn so ins Herz geschlossen habe, sondern es war auch so eine sensible und empathische Seite zu erleben, die einfach berühren muss. Er war ganz eindeutig in der Jugend nicht der Bad Boy, sondern eben der, der neben seinen Traumata immer einen Blick für seine Nebenmenschen hatte. Von daher ist der Einstieg in den ersten Band von „Coldhart“ eine 180°-Wendung. Ganz eindeutig, aber im positivsten Sinne, denn diese neuen Widersprüche, die wir zu Elijah kennenlernen, sind reizvoll. Ich fand es auch gut, dass die beiden Hauptfiguren sehr lange bis zur ersten Begegnung brauchen. Das nervt mich sonst eher, aber hier war es ideal, denn für mich als Elijah-Kenner war es wichtig, das neue Bild mit dem alten übereinzubringen und da hat es geholfen, so sehr in seinen Alltag einzutauchen. Auch wenn er nun über und über tätowiert ist und offenbar eine definierte Maschine und sich damit zumindest äußerlich die Attitüde eines Bad Boys gegeben hat, so war es wunderschön, immer noch die alten Seiten unter seiner Schule zu entdecken. Es ist der Umgang mit Buddy, es sind die drei anderen, die mit ihm die Eastie Boys bilden, wo man viel Tiefgang bemerkt, aber es sind auch die Verpflichtungen, die er inzwischen auch den Westons gegenüber empfindet. Nur die Beziehung zu Jess ist natürlich ein Wehmutstropfen, aber ein vielversprechender. Bevor ich mich zu sehr in Elijah verliere, auch wenn für mich eindeutig klar ist, dass er das größere Highlight für mich ist, will ich auch Felicity nicht vergessen. Auch sie erleben wir in ihrem Los Angeles-Leben länger und das war wichtig, um diesen Kulturschock zu erklären und warum dieses lockere, selbstbewusste, stets scherzende Mädchen, wobei natürlich junge Frau, in New York andere Gesichter zeigt. Ich fand sie auf jeden Fall gleich sympathisch und ihre kämpferische Seite und dass sie ohne Unterstützung von ihrem Vater leben will, das waren gleich Eigenschaften, die mich von ihr überzeugt haben. Leider tut der Klappentext der Geschichte keinen großen Gefallen, denn er verrät so viel mehr als dann der Inhalt des ersten Bandes. Wir wissen daher schon, dass Felicity die Tochter von dem Mann ist, der wohl seine Finger in der Entführung von Elijah drin hatte, aber der erste Band ergründet das in keiner Weise und so hat die Info mir was genommen und umgekehrt Erwartungen geschürt, die dann nicht eingetroffen sind. Felicitys Vater kennenzulernen, ohne das Hintergrundwissen, das wäre ein ganz eigenes Erlebnis gewesen. Denn auch wenn es nicht sofort die große Liebe ist, so ist seine Zuwendung aber dennoch sympathisch und es gab auch im Vorlauf Momente, die ich sehr mochte, zumindest vom Papier her, aber im Hinterkopf hatte ich immer, ach, der ist doch keiner von den Guten. Das ist echt ungünstig gelaufen und verstehe da leider auch den Verlag nicht, denn den Prolog hätte man noch ominöser schreiben können und hätte einen weiteren WTF-Moment an der Hand gehabt. Das ist ein größerer Kritikpunkt, aber zum Glück keiner, der sich gegen die Highlights durchsetzen konnte. Denn Elijah ist wirklich immer noch ein Goldstück, auch wenn er anders ist, aber er ist anders gleich. Auch sein Umweltthema bei den Projekten, sehr lobenswert. Auch die Chemie mit Felicity passt auf Anhieb, was so wichtig ist, denn drei Bände und es ist zäh, das wäre eine Katastrophe geworden. Die alten Figuren sind noch da und im Fall von Helena und Jess so toll wie immer, wir erleben auch wirklich eine viel entspanntere Trish, dazu dann eben jeweils die Freundeskreise von den beiden Protagonisten sowie auch die Halbschwestern. Da ist also auch noch sehr viel Potenzial da. Ich mochte auch die Idee mit den Hundetouren und wie ideal es war, da Elijah und Helena zusammenzubringen. Aber auch die Thrill-Momente stimmten. Was Elijah anfängt auszugraben, wie er nach und nach auf neue Infos stößt, die mich auch schockiert haben sowie der große Moment rund um Felicity, der auch sehr sensibel inszeniert worden ist. Es war wirklich eine Wow-Lektüre in vielen Momenten und natürlich habe ich mich dann gefragt, was wird wohl der Cliffhanger sein. Dementsprechend bin ich dann doch nochmal enttäuscht worden, denn ich fand ihn zu sehr erinnert an „Westwell“, wenn da auch die Geschlechterrollen einmal getauscht worden sind. Das erschien mir dann zu einfalllos. Insgesamt aber ein starker Auftakt. Fazit: Die Vorfreude auf „Coldhart“ war groß und erleichternd kann ich sagen, es ging gut los. Zwar gibt es handwerkliche Mängel wie den Klappentext, der das Leseerlebnis stark verändert hat sowie der eher einfallslose Cliffhanger, aber alles dazwischen, wo Charakterausarbeitung, Chemie untereinander und Thrill punkten können, das war sehr überzeugend. Ich bin positiv gestimmt auf die neue Trilogie im altbekannten Umfeld.