auserlesenes
Colombo (Sri Lanka) im Jahr 1990: Malinda Albert Kabalana, genannt Maali Almeida, erwacht tot in einer himmlischen Einwanderungsbehörde. Der ehemalige Kriegsfotograf, Glücksspieler und promiskuitive Homosexuelle wurde nur 35 Jahre alt. Er wurde ermordet. Doch von wem? Das muss Maali in der Zwischenwelt herausfinden. Die Liste der Verdächtigen ist lang. Und die Zeit arbeitet gegen ihn. Es bleiben ihm im Jenseits nur sieben Tage, um seinen Mörder zu ermitteln… „Die sieben Monde des Maali Almeida“ von Shehan Karunatilaka, der mit dem Booker Prize 2022 ausgezeichnet worden ist. Meine Meinung: Die Struktur des Romans ist durchdacht und schlüssig. Die acht Teile sind in mehrere Kapitel gegliedert. Erzählt wird vorwiegend in der ungewöhnlichen Du-Perspektive. Der Schreibstil des Romans ist dialoglastig. Die Sprache ist atmosphärisch und sehr bildhaft. Trotz der ernsten Themen ist der Erzählton zynisch-salopp und ein wenig frech. Das Glossar erklärt einige Namen und Begriffe, lässt für meinen Geschmack allerdings zu viele Lücken. Was das Personal angeht, wirkt der Roman überfrachtet. Trotz der angehängten Personenübersicht fällt es bisweilen schwer, den Überblick zu behalten und die richtigen Beziehungen zuzuordnen. Im Mittelpunkt des Romans steht Maali, ein vielschichtig angelegter Antiheld. Auf inhaltlicher Ebene ist die Geschichte bizarr, skurril und schrill. Bürgerkrieg, Korruption und allerlei Gräueltaten dominieren. Die fremde Geisterwelt sowie die politischen und gesellschaftlichen Umstände vor mehr als 30 Jahren in Sri Lanka erfordern viel Aufmerksamkeit beim Lesen. Darüber hinaus scheinen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie manchmal zu verschwimmen. Nicht alles ist daher leicht oder überhaupt verständlich für westliche Durchschnittsleserinnen und -leser. Wer sich trotzdem darauf einlässt, kann einiges aus der Lektüre ziehen. Dank falscher Fährten und Wendungen wird der mehr als 500 Seiten umfassende Roman nicht langweilig. In der Mitte schwächelt die Geschichte zwar etwas. Besonders das erste und das letzte Drittel haben mich jedoch überzeugt. Sehr gespannt war ich auf die Auflösung und das weitere Schicksal des Protagonisten. Das Ende hat mich in beiden Punkten zufrieden gestellt. Das farbenfrohe, außergewöhnliche Cover erregt Aufmerksamkeit und passt gut zum Inhalt. Das gilt auch für den deutschen Titel, der wortgetreu aus dem Original übersetzt ist („The Seven Moons of Maali Almeida“). Mein Fazit: Mit „Die sieben Monde des Maali Almeida“ ist Shehan Karunatilaka ein bunter, besonderer Roman gelungen. Eine herausfordernde, aber lohnenswerte Lektüre.