schnaeppchenjaegerin
Dieo und Zazie sind zwei Schwestern mit einer deutschen Mutter und einem eingewanderten Senegalesen als Vater. Die ältere Dieo ist früh Mutter geworden, verheiratet, als Psychotherapeutin tätig und leidet unter mental load. Zazie ist dabei zu promovieren und mit dem weißen Max zusammen, den sie jedoch auf Abstand hält. Zazie unterstützt ihre Schwester, indem sie sich regelmäßig um ihre Neffen kümmert. Dabei lamentiert sie unaufhörlich über Ungerechtigkeit, Sexismus und Rassismus und die Pflicht, sich dagegen zu wehren. Dieo ist zunehmend gestresst davon, während ihr Mann Simon jegliche Feindseligkeit und Provokation gelassen ausblenden kann und sich ganz seinem Beruf widmet, der ihn zum stolzen Ernährer macht. Als der Vater der beiden Schwestern stirbt, reisen sie zur Beerdigung in den Senegal, wo Dieo im Gegensatz zu Zazie noch nie war. Der Roman ist aus den Perspektiven der Schwestern geschrieben, aber auch aus Simons Sicht sind einige Kapitel verfasst. Diese sind kurz und in einer modernen Sprache formuliert. Anglizismen wechseln sich mit hippen Begriffen der Jugendsprache und Fremdworten aus den Geisteswissenschaften ab. Bei Zazie wird konsequent das Gendersternchen verwendet. Auch wenn ich im selben Alter wie die Autorin bin, kannte ich viele Begriffe nicht oder verwende sie zumindest nicht in meinem Sprachgebrauch. Das Buch scheint deshalb vor allem auf die Generationen Y bis Z zugeschnitten zu sein. Ältere LeserInnen könnten mit "woke", "Rant", "Rookie" oder "Prop" vielleicht ihre Probleme haben. Die Thematik des Buches wird durch die betont hippe Sprache ein wenig in den Hintergrund gedrängt und lassen die Charaktere mitunter durch ihre künstliche Ausdrucksweise schlicht lächerlich erscheinen. Die Geschichte schildert den Alltag der beiden Schwestern, den anstrengenden Beziehungs- und Familienalltag, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und auch immer wieder rassistische und sexuelle Übergriffe - von (lieb) gemeinten Worten bis diskriminierenden Handlungen. Vor allem Zazie legt dabei unerlässlich den Finger in die Wunde, prangert die Verrohung der Gesellschaft und Entmenschlichung an. Auch reale Ereignisse wie konkrete Fälle von Polizeigewalt oder ereignete Attentate fließen in die Handlung ein. Neben den pauschalen Problemen für Migranten und Minderheiten, spielen auch ganz persönliche Aspekte eine Rolle, wie das Gefühl, nirgends dazu zu gehören. "Bounty" Zazie ist das Rassendenken deshalb zuwider, was sehr gut nachvollziehbar ist. Aber auch in Dieo, die sich in die Mutterrolle gedrängt im Stillen mehr Unterstützung von Simon erhofft, kann man sich sehr gut hineinversetzen. Roter Faden des Romans sind die inneren Konflikte und die Diskriminierung im täglichen Leben - darüber hinaus sind die Alltagsszenen lose und häufig ohne Zusammenhang und letztlich fehlt auch ein rundes Ende oder pointierter Abschluss. "Weiße Wolken" - kleine Verletzungen, die Spuren hinterlassen - prangert die Probleme in unserer Gesellschaft an, bleibt dabei jedoch bei deren Aufzählung, ohne in die Tiefe zu gehen. Zu der schon im Klappentext erwähnten Reise, die wesentlich für das Verhältnis der Schwestern sein soll, kommt es sehr spät und nimmt keinen großen Umfang ein oder sorgt für einen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf Familie, Wurzeln, Heimat oder die Liebe der Schwestern zueinander, denn die war immer präsent. Trotz der negativ besetzten Themen hat das Buch durchaus humorvolle Szenen, ist lebendig und unterhaltsam, was den ulkigen Nebencharakteren - den Kindern, Müttern und Oma Rose - zu verdanken ist, bleibt aber hinter den Erwartungen eines "erhellenden" Debütromans zurück.