Marius
Mütter und Töchter. Das ist Literatur, die Regalmeter füllt, berührt sie doch die elementare Frage von Emanzipation und Nachfolge, Vorbild und Abgrenzung. Auch Vigdis Hjorth widmet sich in diesem, von Gabriele Haefs ins Deutsche übertragenen Roman, diesem Spannungsverhältnis. Vordergründig geschieht dabei nicht viel. Eine arrivierte Künstlerin, die mit ihrer Mutter und Familie gebrochen hat, kehrt nachhause in die norwegische Heimat zurück. Sie will sich nicht aufgearbeiteten Traumata stellen, doch ihre Mutter und ihre Schwester verweigern die Kontaktversuche. Bei ihren Bemühungen, sich doch noch zu einer Aussprache zu treffen, überschreitet die Künstlerin allmählich alle Grenzen, während sie sich tief hinein in ihre eigenen Erinnungen an die Mutter begibt. Das Spannende an Vigdis Hjorths Roman sind die Reflektionen und Gedankenbohrungen, die immer tiefer in dieses konfliktbeladene Verhältnis von Mutter und Tochter hineinführen. Teils nur wenige Zeilen auf einer Seite geben sie einen Eindruck von der Prägung, die die Mutterfigur bei ihrer Tochter hinterlassen hat. Eine hypnotische, tief dringende Lektüre, die trotz oder vielleicht gerade aufgrund ihrer spärlichen Handlung über vierhundert Seiten einen immensen Sog erzeugt, der die Gedanken einer suchenden Tochter offenbart..