Profilbild von rebeccaramlow

rebeccaramlow

Posted on 24.1.2024

Julia von Lucadous "Die Hochhausspringerin" besticht durch eine schrecklich-schöne Dystopie, als Absage an die hyperglamouröse Perfektion. Ein zum Nachdenken anregender, kluger Roman, der uns als Gesellschaft furchteinflößend darauf aufmerksam macht, wie sehr wir in einem völligen angepassten Dasein unser Leben dahin fristen, scheinverheiratet mit dem verdammten Internet, mit Trademarks, mit Algorithmen, wieviele Spuren wir täglich hinterlassen, abgehört werden, ohne dies jemals erwünscht zu haben. Wo bleibt das Leben? hört man aus ihrem Roman mahnend die Stimme wispern. Alles, was wir jemals im Sinn hatten, war es "nur" zu leben und vielleicht ein wenig zu genießen, wo ist der ursprüngliche Lebenssinn hin? Somit ist diese Dystopie auch gar nicht so weit von unserer eigenen merkwürdig verkorkst anmutenden Welt entfernt, gespenstisch spiegelt sie unser kleines und doch bereits so verlebtes Leben brachial mit all unseren Abhängigkeiten wider. Wo führt das eines Tages hin, wenn wir als Menschen stets überwacht werden, ständig unterbrochen werden, alles strikt auf Erfolg abzielt, getrimmt zur willenlosen monsterhaften Puppenhaftigkeit? Mutig, beinahe radikal ist, dass Riva, erfolgreiche Sportlerin mit zahlreichen Fans, beschließt, sich in eine totale Passivität zu begeben, sich gegen den Erfolg zu stellen à la Bartleby, the Scrivener und "ich würde lieber nicht" zu sagen. Gemischt mit einer vermeintlich schönen neuen Welt, die aber nur an der traumhaften Oberfläche glänzt - untendrunter hagelt es indessen Castings, Abhörungen, Kameras, werden Frauen doch zur Sterilisation gezwungen, da Kinder in dieser erfolgsbesessenen Welt keinen Platz haben dürfen. Schrecklich-schön und doch sehr traurig. Rebecca Ramlow

zurück nach oben