hyperventilea
Kleiner Seelentröster-Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft „Und was machen wir morgen?“, frage ich. Diese Frage ist ein Ritual. Janne sagt die Antwort, die wir uns auf diese Frage immer geben: „Morgen machen wir es besser.“ Malu arbeitet im Café Blue Hour, dem Herzstück des Ortes Bad Altbach. Während der Corona-Krise gingen die Umsätze des Geschäfts merklich zurück. Es ist fraglich, ob das Blue Hour weiterhin bestehen kann. Und noch etwas bereitet Malu Sorgen: Ihr neunjähriger Sohn Janne hat in der Schule Probleme. Ihm fällt es sehr schwer, sich zu konzentrieren. Dann lernt Janne im Park einen alten Mann kennen, der mit sich selbst Schach spielt: Oldman. Oldman bringt Janne das Schachspielen bei, die beiden werden Freunde und auch Malu schließt den brummigen Mann ins Herz. Doch dann ist Oldman plötzlich verschwunden… Judith Pinnow erzählt gut verständlich und flüssig aus mehreren Perspektiven: Malus, Jannes, Oldmans, der von Malus Freundin Liv und ihres Chefs Hinnerk. In der Regel sind die Abschnitte in der ersten Person geschrieben, lediglich die Passagen aus Oldmans Sicht sind in der dritten Person verfasst. Zudem erinnert sich Oldman darin immer wieder auch an Momente aus seinem Leben mit seiner Frau Lieschen. Ungewöhnlich, aber schön: Auf manchen Seiten finden sich nette, drollige, kleine Illustrationen z.B. von Janne und Oldman beim Schachspielen. Überhaupt ist die Aufmachung des Buchs insgesamt gelungen. Das Cover des gebundenen Buchs zeigt Oldman und Janne von hinten auf grünem Hintergrund, eingerahmt von Kastanienblättern, Blüten und Kastanien. Das passt gut zum Thema des Buchs, schließlich lernen sich Janne und Oldman im Park kennen. Für alle Figuren entwickelte ich als Leserin Verständnis und konnte mich gut in sie hineinversetzen. Janne ist ein aufgeweckter, sympathischer Junge, der soviel im Kopf hat, dass ihm das Stillsitzen schwer fällt. Beim Schachspielen mit Oldman beweist er, was er auf dem Kasten hat. Seine Mutter Malu kümmert sich liebevoll und mit viel Verständnis um Janne, steht immer zu ihm. Für die Kunden im Blue Hour hat sie trotz eigener Sorgen immer ein offenes Ohr. Dann ist da noch Oldman, der auf den ersten Blick etwas ruppig und brummig wirkt, das Herz aber am rechten Fleck hat. Oldman hütet, wie einige andere Figuren auch, ein besonders Geheimnis, das ihn belastet. Möglicherweise ist es langsam an der Zeit, sich endlich anderen Menschen anzuvertrauen…. „Der Schacherzähler“ ist die mutmachende, zuversichtliche Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Wie Janne, Oldman und Malu immer mehr Vertrauen zueinander entwickeln, dabei fast zu einer echten Familie werden, welche Rolle dabei weitere Charaktere spielen, die füreinander einstehen und zusammenhalten, hat mir großen Spaß gemacht. Das Blue Hour ist nicht irgendein Café, sondern eines mit Herz und großer Bedeutung für die vielen Stammkunden. Judith Pinnows Geschichte handelt von Liebe, Geheimnisse, Schuld, Vertrauen und vom Verzeihen. Alle Figuren haben ihre Päckchen zu tragen und werden dabei von anderen unterstützt. Das Ende wartet mit einer besonderen Überraschung auf. Für mich ist das Buch ein echter Seelentröster-Roman, der auf charmante Weise zeigt, dass man zusammen niemals allein ist und dass jeder Tag eine neue Chance bietet.