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dorli

Posted on 14.12.2023

Unser Land ist reich an Sagen, Märchen und Mythen, die leider - genauso wie die in diesen fantastischen Geschichten vorkommenden Tierwesen - immer mehr in Vergessenheit geraten. Gemeinsam mit seinem Team (Janin Pisarek, Hannah Gritsch und Antje Kharchi) von Forgotten Creatures möchte Florian Schäfer diesen schwindenden Schatz wiederbeleben und „…mit diesem Buch auf die historischen, kulturellen und naturwissenschaftlichen Hintergründe von Tierdämonen und Fabeltieren hinweisen…“ (S.247). Mit dem Aufschlagen von „Fabeltiere“ betritt man eine magische Welt, die faszinierender nicht sein könnte: hier lauern nicht nur schaurige Schreckgestalten, deren Zweck es war, vornehmlich Kinder zu ängstigen und sie auf diesem Weg vor Gefahren zu warnen und vor Unheil zu bewahren, sondern auch Krankheitsdämonen, todbringende Kreaturen und Ungeheuer, die für Naturgewalten verantwortlich gemacht wurden. Putzige Geschöpfe, die in Scherzspielen eine wichtige Rolle spielten, kreuzen den Weg des Lesers genauso wie Gestalten, denen schützende und heilende Kräfte nachgesagt wurden. Ich bin während des Lesens nicht nur Fabeltieren begegnet, von denen ich bisher noch nie etwas gehört hatte, ich habe auch sehr viel Neues über mir bereits vertraute Wesen erfahren. Neben den allseits bekannten Drachen, Werwölfen und Einhörnern trifft man hier auch auf zahlreiche zum Teil nur regional bekannte (z. B. das Bahkauv) bzw. heutzutage sogar weitestgehend unbekannte Fabelwesen (z. B. Hötzelstier oder Elwedritsche). Ganz besonders überrascht hat mich, dass einige Tierwesen im Verlauf der Jahrhunderte ganz unterschiedlich wahrgenommen wurden. Das Einhorn zum Beispiel hatte über die Jahre hinweg wechselnde Attribute, war mal wild und gefährlich, dann wieder friedfertig und scheu. Und der Basilisk hat sein Aussehen von einer gerade einmal 24 cm langen Schlange zu einem variantenreichen Mischwesen verändert. Florian Schäfer hat unzählige historische und kulturelle Fakten über tierische Fabelwesen gesammelt, um den Ursprung der Geschöpfe, ihre Entwicklung und ihre gesellschaftliche Bedeutung darzulegen. Die Auffassungen antiker und mittelalterlicher Gelehrter und das Wissen früherer Naturforscher bereichern seine spannenden und unterhaltsamen Ausführungen dabei genauso, wie die Auszüge aus historischen Schriften und die vielen Zitate aus deutschsprachigen Sagen. Neben der Fülle und Vielfalt an Informationen wartet Florian Schäfer mit einer Besonderheit auf - es gibt zahlreiche Abbildungen von Fabeltieren, die das Team auf der Grundlage historischer Beschreibungen in ihrem Mythenatelier lebensecht nachgebildet hat. Dazu gehören u. a. furchteinflößende Gestalten, die - Dank der eindrucksvollen Fotos von Hannah Gritsch - beim Blättern durch das Buch ihre bedrohliche Wirkung nicht verfehlen. Begeistert haben mich darüber hinaus die schaurig-schönen Landschaftsaufnahmen - die gruselige Atmosphäre kommt auf den Bildern richtig gut zur Geltung. „Fabeltiere“ hat mir sehr gut gefallen - die beeindruckenden Porträts tierischer Fabelwesen beflügeln zusammen mit den großartigen Fotos die Fantasie und machen das Lesen dieses Sachbuchs zu einem genauso abenteuerlichen wie spannenden Erlebnis.

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