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Alles, was Spaß macht, ist verboten: Rennen, fangen Spielen im Flur, laut sein … Nevo und ihre Freundin Juma wohnen in einem großen Haus mit vielen Etagen. Wie viel, das wissen sie nicht, denn sie benutzen nur ihre Wohnetage und die Schuletage. Noch nie in ihrem Leben haben sie das Haus verlassen – ihre Mütter auch nicht. Väter existieren nicht. Nevo muss sich an die Regeln halten, sonst verliert ihre Mutter noch die Wohnung und sie müssten nach unten ziehen, und unten wohnen die Schmutzigen, die Widerlichen. Die Hausverwaltung sorgt dafür, dass alles seine Ordnung hat. Doch dann fällt Nevos Freundin Juma beim Spielen in den Wäscheschacht und ist wie vom Erdboden verschluckt. «‹Die Hausordnung›, fuhr Mat fort, ‹sagt nichts über Personen, die im Treppenhaus leben.› Er lachte. «Ich bin kein Bewohner. Und darum gilt die ganze Hausordnung nicht für mich. Oder dich.›» Noch merkwürdiger erscheint es Nevo, dass die Erwachsenen tun so, als hätte es Juma nie gegeben. Juma? Wer soll das sein? Ihre Mutter, Jumas Mutter, die Lehrerin … selbst die Klasse schweigt. Und da ist Miu, die Tochter von Jumas Mutter. Bitte, wer ist Miu?, fragt sich Nevo. Angeblich war die schon immer da und sie ist Nevos beste Freundin. So ein Quatsch! Sie kennt diese Miu nicht! Drehen denn hier alle am Rad? Nevo ist zwar daran gewöhnt, auf Fragen keine Antworten zu bekommen, aber das geht zu weit. Sie macht sich auf den Weg durchs Haus, um Juma wiederzufinden. Ab in den Wäschetunnel … und sie landet nach einer langen Rutschpartie in der Wäscherei, kommt ins Treppenhaus, steigt immer weiter hinab und trifft auf die Schmutzigen, mit denen man nicht spricht. «Aber eingeschlossen wäre ich ja nur, wenn ich gehen wollte.» Eine Dystopie für Kinder. Es gibt einen kleinen Satz, der besagt, dass es einmal eine Zeit gab, als man noch hinausgehen durfte. Hier bleibt Spielraum für die Fantasie, was passiert sein mag. Familienstrukturen sind aufgelöst, Frauen wohnen zusammen mit ihren Kindern. Männer gibt es auch, sie treten als Wachmänner in den Fluren in Erscheinung. Ausflüge in andere Abschnitte des Hauses sind streng untersagt. Nevos und Junas Mütter arbeiten – was sie tun, ist nicht definiert. Ja, und wer ist eigentlich die Hausverwaltung? Spielen Kinder auf dem Gang, werden sie sofort durch die Lautsprecher ermahnt, die Wachmänner rücken aus. Werden sie überwacht?, fragen die Freundinnen sich. Garantiert, aber nur wie? Nevo trifft auf ihrem Gang auf einen sehr alten Mann, der sagt: «Fragen, was außerhalb des Hauses liegt. Und mein ganzes Leben lang habe ich überlegt, mich einmal auf den Weg zu machen. Nach unten. Nach draußen. In die ganze Welt, die wir von hier aus nur erahnen können.» Aber er hat sich nie getraut. Wer hat die Hausordnung geschrieben? Die Freundinnen wohnen auf Wohnetage – Zinnober Vier. Mehrere Etagen gehören zu einem Farbabschnitt. Gelb ist ganz unten und schmutzig, nach oben hin wird es blau. Ein Gesellschaftssystem, das nach oben besser wird, nach unten steigt man ab – der gesellschaftliche Abstieg. Wer gegen die Regeln verstößt, steigt ab, Eltern haften für ihre Kinder. Aber viele Regeln sind absurd, nicht rational, niemand mit klarem Verstand würde so etwas erfinden. «Seit Generationen hat niemand das Gebäude verlassen.» Die Bewohner sind zufrieden, hinterfragen das System nicht. Ein diktiertes Leben. Türen werden automatisch hinter ihnen abgeschlossen (Klassenzimmer, Arbeitsplatz …). Es ist, wie es ist und das ist gut. «‹Oder›, flüsterte Mat ganz nah an ihrem Ohr … ‹es gibt überhaupt gar keine Hausverwaltung. Sie wollen nur, dass alle das denken. Damit die Leute Angst haben.› ‹Wer sind sie?›, fragte Nevo und fragte sich, warum sie jetzt plötzlich auch flüsterte. ‹Na, die Hausverwaltung›, antwortete Mat.» An einer Stelle fragt sich Nevo, woher eigentlich die Lebensmittel kommen, die Milch in Tüten, die Tomaten in Dosen, die Nudeln? Die Frage nach der Versorgung und dem, was draußen wohl sein mag, wird nicht beantwortet – das bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Nevo bricht alle Regeln der Hausverwaltung – man muss sich nur trauen, um zu verstehen, was dahinter steht. Ein elfjähriges Kind schert sich nicht um Regeln, es will Antworten. Und Nevo ist Juna wichtig: Wo ist ihre Freundin? Veränderung entsteht nur durch Regelbruch, so die Message. Es gibt einen Hinweis auf KI – die vielleicht die Hausordnung erschaffen hat; denn sie ist veränderbar. Ich will nicht zu viel verraten. An dieser Stelle hat es sich Maja Ilisch für meine Begriffe zu einfach gemacht … Es ist ein Kinderbuch, doch für eine Heldenreise braucht es Felsbrocken und Steine, die dem Helden in den Weg gelegt werden. Hier gab es nur Kieselsteine und Sandkörner. Der Kosmos ist dieses riesige Haus. Es gibt kein Draußen, keine anderen Menschen, keine anderen Häuser, eine Stadt, ein Land, die Welt. Auf der einen Seite fand ich den Kinderroman recht gut, auf der anderen Seite, war mir Nevos Weg schlicht zu einfach. Fragen offen zu lassen ist gut, um der Fantasie Raum zu geben, aber hier eröffnet sich ein ganzes Lexikon voller Fragen. Too much! Der Dressler Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 10 Jahren. Das passt für mich, allerdings mit dem Zusatz, dass mir dieses Kinderbuch immer wieder zu viele Längen hatte, insbesondere für diese Altersgruppe. Die Geschichte zieht sich in Beschreibungen, dafür fehlen die Actionszenen, die für Utopien typisch sind. Ein guter Ansatz, für mich im Gesamtkonzept nicht vollauf zufriedenstellend. Maja Ilisch, geb. 1975 in Dortmund, studierte Öffentliches Bibliothekswesen an der FH Köln und absolvierte im Anschluss daran eine Ausbildung zur Fachbuchhändlerin. Nach mehreren Stationen in Buchhandel, Verlags- und Bibliothekswesen arbeitet sie nun als freie Autorin. Neben dem Schreiben betreibt sie das Fantasy-Autor:innenforum Tintenzirkel. Maja Ilisch lebt mit ihrem Mann bei Aachen in einem alten Haus, in dem es nur vielleicht spukt.