Profilbild von autsch

autsch

Posted on 16.11.2018

Es war dieses Buch, das mich vor gut 25 Jahren dazu gebracht hat, mir anzutrainieren, englischsprachige Literatur fast ausschließlich nur noch im Original zu lesen, denn Übersetzungen waren rar und dann auch massiv gekürzt. Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, etwa 500 Brieffe auf gut 1500 Seiten zu lesen, erst recht dann nicht, wenn man den Autor der Empfindsamkeit zurechnen muß und ein reichliches Maß an Gefühl(süberschwang) erwarten darf. Clarissa verliebt sich in Lovelace, die Eltern allerdings haben andere Pläne, nicht zuletzt, um ihre gesellschaftliche Stellung zu verbessern. Lovelace ist Verführer und Unhold, und wir sehen, wie - Schritt für Schritt - Clarissa ihre Tugend verliert und den Verführungen unterliegt. Tugend und Unmoral sind die Kernthemen der Auseinandersetzung - und zwangsläufig endet der Verstoß gegen die Konventionen für beide tödlich. Kaum vermeidbar ließ mich die Lektüre etwas zwiegesalten zurück : Sentimentalität und die Naivität der Protagonistin waren bisweilen kaum erträglich, aber dennoch vermochte mich das Buch zu fesseln. Richardson ist mit Sicherheit ein Meister des Briefromans, weiß Spannung zu inszenieren und Einblicke in den Käfig bürgerlicher Moralvorstelungen zu geben. So ist das Buch über literturgeschichtlichen Aspekt hinaus interessant, aber sicher nicht für jeden geeignet.

zurück nach oben