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anne_hahn

Posted on 8.12.2023

Das Schimmern der See – der Titel wirkt zunächst ambivalent. Geht es hier um die Beschreibung eines Naturphänomens? Die schöne See? Keineswegs, Adrian Pourviseh, 1995 in Koblenz geboren, half selbst ab 2019 als Freiwilliger auf der Sea-Watch 3 dabei, Menschen aus dem Mittelmeer zu retten. Seine Erlebnisse hielt er in Zeichnungen fest und verwandelte sie in jahrelanger Arbeit in die nun bei Avant erschienene Graphic Novel „Das Schimmern der See“. 213 großformatige farbige Seiten, die einen mitnehmen aufs Meer, das Schiff erklären, die langen Tage und Nächte auf wenig Raum zeigen, die Übungen, die Ängste und Wünsche der internationalen Crew. Die Gesetze der See, Europas und Libyens. Und dann kommen die Einsätze, müssen Menschen aus dem Wasser gefischt werden, Brandwunden versorgt, Häfen angerufen, Entscheidungen getroffen werden. Das ist schwer zu ertragen – und doch leichter zu konsumieren, wenn die Bilder und Informationen gezeichnet, abstrahiert sind. Das Grauen wirkt weiter entfernt, erträglicher, so seltsam es klingen mag. Mich hat das Buch tief berührt, ich lege es allen an Herz, die genau wissen möchten, was an unseren Meeres-Außengrenzen passiert, wie es den Rettern und den Geretteten dabei geht – und was jeder von uns tun könnte. Die Mahnungen und Faktenfülle am Ende hätte meiner Meinung nach reduziert werden können, da die künstlerische Wirkung für sich steht – und nachhallt. Wie die Autorin Franziska Grillmeier auf dem Back-Cover anmerkt: „Relevanter geht es kaum.“

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