Profilbild von gwyn

gwyn

Posted on 29.11.2023

«Spanisch spreche ich mit meinem Gott, Italienisch mit den Damen, Französisch mit den Herren und Deutsch mit meinem Pferd.» (Karl V. bzw. Carlos I.) Wer waren die spanischen Habsburger? Durch die Ehe Maximilians von Österreich mit Maria von Burgund begann 1477 der Aufstieg des Hauses Habsburg zur europäischen Großmacht. Ihre Herrschaft hat Spanien in verschiedene Phasen im 16. und 17. Jahrhundert geprägt, erfuhr einen politischen und wirtschaftlichen Aufschwung. Durch Isabella von Kastilien vereinigten sich drei Königreiche auf der Iberischen Halbinsel zum Spanien, stiegen zur Weltmacht auf. Die junge Thronfolgerin Isabella entschied sich eigenmächtig, dem jungen Ferdinand, König von Aragon, ein Heiratsangebot zu machen. Gemeinsam gingen sie nach ihrer Hochzeit 1469 gegen das Maurenreich Al Andaluz vor und eroberten es. Die Juden mussten das Land verlassen, kurz danach auch die Mauren. Mit der Herrschaft der katholischen Könige Isabella und Ferdinand und des Großinquisitors entwickelte sich die Herrscher-Parole: «Ein Gott – ein König – ein Reich.» Das war ein Signal zur totalen Vernichtung der maurischen Kultur. Von den Kindern der Könige überlebte lediglich die «wahnsinnigen Johanna» die nach Testament ihrer Mutter das Land regieren sollte. Ferdinand hielt sie nicht für regierungsfähig, strebte selbst nach der Macht und so blieb das Land geteilt. Zwischen dem Gemahl von Johanna, Philipp I., Sohn des deutsch-römischen Kaisers und Mitglied der Habsburger Familie und seinem Schwiegervater Ferdinand brach jetzt eine offene Feindschaft aus. Philipp konnte sich gegen Ferdinand als Regent durchsetzen, verstarb aber noch im selben Jahr. Der Machtstreit Vater-Tochter teilte das Land wieder. Nach dem Tod Ferdinands im Jahre 1516 wurde Philipps Sohn Karl V. (Carlos I.), damals 17 Jahre alt, neben seiner nie abgesetzten Mutter Johanna (von Vater und Sohn in Hausarrest gefangen) erster gesamtspanischer König. Allerdings sprach er kaum Spanisch (letztendlich sprach er kaum eine Sprache vernünftig, wurde als Kind in vielen Sprachen unterrichtet, verließ sich später auf Übersetzer), hatte den ortsfremden Adrian von Utrecht als Statthalter eingesetzt, weil ihm seine Kandidatur für den Kaiserthron wichtiger waren als Kastiliens, das unter seiner dreisten Steuerlast litt. 1519 wurde der Habsburger durch Einfluss und finanzieller Hilfe von Jakob Fugger zum römisch-deutschen König gewählt. In Toledo wollte man diesen König nicht haben, bildeten den Widerstand der «Comuneros». In kurzer Zeit schlossen sich fast alle Reichsstädte den Aufständischen an. Die Junta befreite Johanna aus ihrer Gefangenschaft und wollten sie einsetzen – doch die Mutter wollte nicht gegen den eigenen Sohn agieren. 1521 schlugen Karls Truppen die Comuneros vernichtend in der Schlacht von Villalar – ein Blutbad. Karl V. (Carlos I) ließ ein Exempel statuieren: Die Städte mussten für sämtliche Kriegsschäden aufkommen. Kastilien sollte in seinem Reich künftig nur noch eine Nebenrolle spielen. Das haben die Spanier den Habsburgern nie verziehen. Nachdem Karl 1556 von allen Ämtern zurückgetreten war, wurden seine Herrschaftsgebiete zwischen der spanischen und der österreichischen Linie der Habsburger aufgeteilt. Als 1700 der letzte König der spanischen Linie der Habsburger, Carlos II.. «la Loca» (der Verrückte), den man trotz erheblicher körperlicher und geistiger Gebrechen auf den Thron setzte, ohne Nachkommen gestorben war, folgte ihm Philipp von Bourbon, der Enkel des französischen Königs Ludwig XIV. In diese Regentschaft gehört auch die Reconquista, die Inquisition, die Vertreibung der Juden und Mauren, aller Andersdenkenden und Freizügigen (Sittenpolizei) – später der Morisken (umgetauften Mauren zu Christen), ein blutiges Kapitel der spanischen Geschichte. Ebenso blutig gestaltete sich zu dieser Zeit die spanische Eroberung im Süden Amerikas. In ihrem Sachbuch widmet sich die Autorin der spanischen Linie des Fürstengeschlechts, das die Iberische Halbinsel und mit ihr auch die umfassenden Kolonien in Übersee über 2 Jahrhunderte beherrschte und entscheidend prägte. Die oben von mir kurzgefassste Vorgeschichte gehört für mich essentiell zur Person von Carlos I. dazu, leider wird das nur kurz und knapp abgehandelt, wichtige Dinge nicht erwähnt. Vor allem Karl V. und seine Eltern haben auf der einen Seite Spanien zu Glanz durch die Kolonien gebracht, aber das Land auch in die Dunkelheit zurückgeschleudert. Der erhebliche Einfluss der katholischen Kirche im Land führte zu strengen Sitten, zum Verfall der Bildung der Durchschnittsmenschen; die wissenschaftlichen und technischen, sowie kulturellen Errungenschaften der Mauren und Juden wurden verboten. Damit wurde medizinisches Wissen, Architektur, Technisches, wie Wasserbewässerung usw. abgeschafft, das Wissen vernichtet. Viele Errungenschaften verfielen, das Wissen dazu war verbrannt, an durfte nicht mehr gelehrt werden. Der Mittelstand zerfiel, und die Armen wurden ärmer, die wenigen Reichen mächtiger. Davon wird in diesem Buch nichts erzählt. Denn auch in dieses Bild passte auch die Heiratspolitik der Habsburger, die von religiösen Motiven beeinflusst und durch zu enge Verwandtschaft beeinträchtigt wurde – was sie letztendlich auch ihre Macht gekostet hat – untaugliche Nachkommen durch Inzucht. Ein dünnes Buch mit vielen Bildern, großer Schrift, dass sich sehr oberflächlich mit den Personen befasst, Anekdoten zum Besten gibt. Geschichtliche Auseinandersetzung zeigt sich für mich, wenn man sich mit Auswirkungen dessen beschäftigt, was diese Herrscher letztendlich bewirkt haben. Die kritische Auseinandersetzung fehlt mir hier völlig. Don Juan d’Austria, unehelicher Sohn Kaiser Karls V., anerkannt zunächst geheim in Spanien erzogen, bildete er später neben Philipp und dessen Sohn Don Carlos offiziell einen Teil des spanischen Hofes. 1569 und 1570 zog er gegen den Aufstand der Moriskos in Granada zu Felde; wurde danach Führer der vereinigten Flotten, der Heiligen Liga des Papstes, Spanien und Venedig gegen die Türken, der mit dem Seesieg bei Lepanto 1571 endete. Er ging als Verteidiger der Christenheit in die Geschichte ein und strebte den Thron an, den ihm Philipp verweigerte. Die tragische Gestalt war Philipps einiger Sohn Don Carlos, der behindert am Körper, wohl auch geistlich, nach Ämtern strebte, sie nicht ordentlich ausführte, vom Vater wieder weggenommen bekam. Er rebellierte, ging ins Exil, und um seinen jungen Tod ranken viele Vermutungen. Philipp hatte bereits vorgesorgt und seinen Neffen Maximilian II an den Hof holen lassen, um ihm das Erbe zu übergeben. Rückblickend zeigt sich, dass das ganze Gold aus Amerika nicht unbedingt glücklich machte: die Könige Glanzzeit 1550 – 1660 Spaniens litten alle unter Depressionen. Kirchen, Paläste und Klöster glänzten vom Gold, überladen von Figuren und übermäßiger Ornamentik (plateresken Stil). Dunkle, kalte Gotteshäuser. Das Volk verarmte immer mehr trotz Glanz und Gloria. Etwas, was leider in diesem Roman nicht erwähnt wird. Die Autorin fragt sich, ob Don Juan de Austria vielleicht von Philipp II vergiftet worden sei. Sehr reißerisch. Es gibt verschiedene Szenarien, woran er im Exil gestorben sein mag. Aber Philipp wird bei seriösen Überlegungen ausgeschlossen. Einfach gestrickt die Daten heruntergerissen, ein paar Anekdoten und reißerische Vermutungen eingestreut, große Bilder eingeschoben – sich aber inhaltlich nicht mit der Geschichte auseinandergesetzt. Schade. Wenn man sich wirklich mit der Herrschaft der Habsburger in Spanien auseinandersetzen will, dann ist dieses Sachbuch zur Geschichte nicht geeignet. Wer lediglich einen groben Überblick der Personen mit einer Portion Hofgeschwätz sucht, der liegt richtig. Sigrid-Maria GRÖSSING, geboren 1939 in Sulzbach-Rosenberg in der Oberpfalz; Germanistik- und Geschichtsstudium an der Universität Wien, lebt und arbeitet seit 1981 in Großgmain bei Salzburg. Nach dem Doktoratsstudium an der Universität Salzburg als freie Schriftstellerin historischer Bücher tätig; Sie hat bisher 30 Bücher veröffentlicht, von denen etliche auf den Bestsellerlisten waren und die in acht Sprachen übersetzt wurden. Auszeichnungen vom Land Salzburg (Goldenes Verdienstkreuz) und von der Republik Österreich (Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich).

zurück nach oben