hyperventilea
Interessante Geschichte einer bemerkenswerten Frau in sperrigem Schreibstil verfasst Nach einem traumatischen Erlebnis beschließt Henni Bartholdy im Berlin der fünfziger Jahre Hebamme zu werden. Die Zustände, in denen manche ihrer Patientinnen leben, sind teilweise kaum zu ertragen. Als eine verzweifelte junge Mutter keinen Ausweg mehr sieht, kann Henni nicht anders und handelt. Eine Apfelsinenkiste im Hinterhof ihres Geburtshauses wird zur inoffiziellen Babyklappe. Und eines Tages liegt darin tatsächlich ein Findelkind. Jahre später sucht Journalistin Liv, die als Kind adoptiert wurde, nach ihrer wahren Herkunft. Marie Sand erzählt klar und verständlich auf zwei Ebenen, begleitet abwechselnd Henni und Liv. Sätze und Aufzählungen werden dabei oft schlicht und ohne sprachliche Raffinesse aneinandergereiht, was auf mich etwas abgehakt und sperrig wirkte. Henni hat tragische Ereignisse zu verdauen. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen. Als Hebamme möchte sie Müttern, die zu verzweifeln drohen, unbedingt helfen. Sie steht auf beeindruckende Weise für ihre Überzeugungen ein, zeigt besonderen Einsatz und Mut. Dennoch vermochte ich zu Henni keinen rechten Zugang zu finden. Auch der Arzt Ed von Rothenburg, mit dem Henni eine besondere Beziehung verbindet, und die eigenwillige Journalistin Liv blieben für mich leider blass, hölzern und fremd. Die Geschichte der Babyklappe ist eine durchaus interessante. „Wie ein Stern in mondloser Nacht“ stellt Frauen vor, für die Mutterschaft eben nicht die Erfüllung ist. Ihre Überforderung und Hilflosigkeit betrifft nicht nur die Frauen selbst, sondern natürlich auch ihre Kinder: Wie erleben es Kinder, von der eigenen Mutter nicht gewollt worden zu sein? Ein durchaus wichtiges, vielschichtiges Thema, mit dem sich der Roman befasst. Leider wurde mir die Geschichte nicht stringent genug erzählt. Der Spannungsbogen hätte für mich etwas klarer ausgearbeitet werden können. Durch den unrunden Schreibstil blieben mir zudem die Personen fremd. Ich empfand natürlich Mitleid mit den jungen Mütter, vermisste aber tiefere Emotionen, die mich an die Geschichte fesselten. So wurde das Potential der Grundidee meiner Meinung nach nicht voll ausgeschöpft. Insgesamt zwar ein unterhaltsamer Roman, aber einer mit Schwächen.