marcello
Die Reihe von Helen Fields rund um Ava Turner und Luc Callanach habe ich bislang vollständig verschlungen. Deswegen war ich sofort neugierig, als ich ein ganz neues Buch von der Autorin angekündigt sah, das losgelöst von den beiden bekannten Figuren ist. Dennoch ist für Fans von Fields die neue Protagonistin Connie Woolwine wohl keine unbekannte, denn die Autorin hat diese Rolle schon in ihrer vorherigen Reihe auftauchen lassen. Aber ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich leider keine Erinnerungen an sie habe, aber wer so viel liest und parallel auch noch an Serien und Filmen schaut, da ist einfach eine gewisse Kapazitätsgrenze erreicht. Somit also Hauptargument, dass ich der Autorin weiterhin gerne die Treue halte, aber „The Institution“ klang auch so auf Anhieb super spannend und ich wäre wohl ohne den bekannten Autorennamen darauf aufmerksam geworden. Dieses Hochsicherheitsgefängnis, das weit abgelegen ist und deswegen gar nicht über so krasse Maßnahmen verfügen muss, weil die Flucht nahezu unmöglich ist, das ist für die Atmosphäre schon mal ein Ausrufezeichen. Als großer Fan von „Prison Break“ ist das sicherlich auch ein gutes Vergleichsmoment, um eben die verschiedenen Konzepte in Kontext zu bringen. Fakt ist aber auch, in einem solchen Gefängnis da begegnet man sicherlich keinen guten Menschen, denn mit solchen Menschen, die so dunkle Verbrechen begangen haben, Zeit verbringen zu müssen, das kann nur belasten. Dementsprechend hat auch das dazu beigetragen, sofort etwas Schauriges entstehen zu lassen. Dennoch muss ich auch sagen, dass man den Inhalt mit einem gewissen Augenzwinkern sehen muss. Wenn es um das Leben eines zu früh geborenen Kindes geht und dann auf eine Undercover-Mission setzt, die mit Vorsicht aufgebaut werden muss, damit niemand Verdacht schöpft, dann passt das nicht richtig zusammen. Vor allem mit der Aufklärung im Hinterkopf muss ich doch sagen, dass eine klassische Polizeiermittlung sicherlich kein Fehler gewesen wäre. Aber gut, wir haben Profilerin Connie mit ihrem Kollegen Baartha, der ein Ex-Cop ist und gemeinsam stellen sie sich dieser belastenden Aufgabe, das Baby zu retten sowie die grausamen Täter zu finden. Wenn man den etwas unlogischen Aspekt also wegdenkt, dann kann man das Buch auch direkt ganz anders angehen. Fields fackelt mit dem Einstieg von „The Institution“ nicht lange, denn es geht sofort los. Das hat mir gut gefallen, denn es gibt kein langes Hin und Her, wo noch aufwendig Connie eingeführt wird, sondern es geht sofort ans Eingemachte. Die Protagonistin wird auch bewusst etwas mysteriös gehalten, denn nach und nach wird einiges über sie enthüllt, was einen ganz bestimmten Zweck hat, nämlich auch ihr zu misstrauen. Das ist sicherlich eine gute Taktik, denn wenn man so schon kaum etwas vertrauen kann und dann zunehmend völlig den Bezug zur Realität verliert, dann wird es auch für die Leserschaft belastend und das war ganz eindeutig beabsichtigt. Auch die Umstände rund um Baartha werden nicht sofort verraten, sondern in der Enthüllung eingeflossen. Es ist also generell die Stilistik, dass die großen Enthüllungen nicht mit umständlichem Anlauf für uns präsentiert werden, sondern eher spontan aus der Hüfte geschossen. Das hat sehr gut gepasst und hat die Lektüre auch sehr spannend gemacht. Connie ist wie gesagt als Anker auf jeden Fall kein simpler Gutmensch, sondern sie ist bewusst etwas seltsam, sehr dickköpfig und selbstbewusst, auch unangenehm nachbohrend angelegt. Dennoch kann man sich sicher sein, dass sie eine gute Sache erreichen will. Aber für so ein Buch ist Connie natürlich perfekt gewählt. Was mich auch an dem Buch sehr gereizt hat, das waren die sehr intensiven Studien zu den verschiedenen Straftätern. Ich lese Thriller so gerne, weil ich die menschliche Psyche als Themenfeld sehr spannend finde und das eben besonders bei Straftätern, die moralisch gesehen ganz anders gepolt sind. Da ist „The Institution“ natürlich ein echtes Geschenk, denn hier wird wirklich sehr intensiv damit gearbeitet und dann eben nicht nur mit einem, sondern mit vielen. Aber letztlich waren nicht nur die Strafgefangenen interessant, sondern eben auch die Angestellten, weil diese auch sehr unterschiedlich waren und es auch bei ihnen für uns durch Connies Augen viel zu entdecken gab. Das war sicherlich mein Highlight, weil so viel abgebildet wurde. Aber die Spannung an sich war natürlich auch konsequent da. Es gab zwar kleine Durchhänger in der Mitte, wo ich wirklich den Eindruck hatte, jetzt wird es unnötig hinausgezögert, aber dann wurde es doch wieder für die Handlung genutzt. Richtig belastend ist kurz vor dem richtigen finalen Showdown noch eine Episode, die war psychisch sehr anstrengend, da hätte ich die Seiten gerne gefressen. Ansonsten aber bis zum Ende in vielen Facetten wirklich atemraubend. Ein paar Sachen habe ich vermutet, aber Fields hat es auch größer aufgezogen, so dass es nicht schlimm war, wenn man etwas erraten konnte, denn dann gibt es immer noch ein paar Enthüllungen. Insgesamt war es etwas am Rande der Logik wieder, aber sei es drum. Fazit: „The Institution“ hat ein beeindruckendes Setting, ganz, ganz viel Psychoanalyse und das an zig Fällen, für mich quasi ein Paradies. Ein kleiner Durchhänger zwischendurch ist schnell vergessen, aber auch mit ein paar unlogischen Voraussetzungen bzw. Entwicklungen muss man schon auch leben. Aber die Spannung wurde sehr unterschiedlich sehr effektiv erzeugt. Da bleibt man leicht bis zum Ende am Ball.