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gwyn

Posted on 31.10.2023

Wenn man nicht das in einem Buch findet, was man erwartet, dann kann es trotzdem erhellend oder erfrischend sein. Hier liegt der Text aber 200 Meter unter dem Keller, in Können und Inhalt, von dem was zu erwarten war. «Von einer, der auszog, um Autorin zu werden» – humorvoll wird es angepriesen. Ich liebe Satire, wenn sie gut ist, bissig, inhaltlich gehaltvoll. Was hatte ich erwartet? Ein Buch, in dem eine Autorin erzählt, wie sie auf die Idee kam, ein Buch zu schreiben und was sie auf dem Weg bis zum Druck, auch darüber hinaus alles erlebt. Die eigene Naivität beschreibend, worauf man hereinfällt, die Klippen, die zu nehmen sind – der ganze Frust. Nein, darum geht es in diesem Buch nicht. Die Autorin hat bereits einen Verlag gefunden (gegoogelt, noch nie von diesem Verlag gehört) und das gedruckte Buch ist im Vertrieb, ab sofort zu haben … Erwartungsvoll stürmt sie die erste Buchhandlung schaut auf die Bestseller, den Tisch mit neuen Empfehlungen – klappert Abteilungen und Regale ab. Nein, ihr Buch ist hier nicht zu finden. Gut, das kommt noch halbwegs humorvoll herüber. Aber ist wird nun ziemlich langweilig, wenn sie über Social media im Vorfeld berichtet und ihre Aktionen mit Plastikpalme vor Buchhandlungen, um ihr Werk zu bewerben … Man blättert gelangweilt weiter. Plötzlich: Elke Heidenreich hat ihr Buch besprochen und fand es gut – rasant steigt das Interesse der Öffentlichkeit! Hut ab! Doch dummerweise kann der Verlag nicht liefern, hat nicht genug gedruckt, kein guter Vertrieb und so wird der Run eine Einbahnstraße und verläuft im Sande. Wieder kein Umsatz. Ab jetzt wird es dauerlangweilig und belanglos. Es geht querbeet: sie berichtet hier und da, Besuch der Buchmesse, eine böse Rezension, erklärt, welche Promis sie kennt (Wen interessiert es, wer im Urlaub an ihrem Nebentisch sitzt? – Hauptsache Promi). Sie wäre nämlich auch gern berühmt, erklärt sie. Darum hat sie ja angefangen zu schreiben. Ich frage mich die ganze Zeit, was die Autorin mir sagen will, wo sie hin will mit diesen Berichten. Gab es keinen strukturierten Plan für dieses Buch? Erzählungen aus dem Leben, das nicht spannend ist, ohne Spannungsbogen, angereichert mit flachem Humor. Hau Anekdoten heraus, sei lustig! Auf Teufel komm heraus. Erzähl zwischendurch was aus deinem Leben, aus der Kindheit. So funktioniert es nicht, auch wenn eine Peinlichkeit der nächsten folgt. Irgendwann habe ich nur noch quergelesen. Reiner Aktionismus. Kein Resümieren, kein Analysieren, den Fehler im System zu finden. Und mir fiel keine Stelle ins Auge, an der ich länger verweilen wollte. Gelangweilt von Oberflächlichkeit und dick aufgetragenem Humor, der doch eher peinlich daherkommt, habe ich das Buch mit einem dicken Seufzer geschlossen. Mit literarischer Kraft hätte sie mich packen können, mit einer Struktur, mit inhaltlicher Tiefe; aber so … – nein, sie konnte mich nicht mal eine halbe Seite durchgehend fesseln. Susanne Kristek hat fast so viele Jobs wie Forrest Gump. Sie ist Alltagskabarettistin, Autorin, Moderatorin & Podcasterin (Austropodkastl) und Event-Veranstalterin (Lesebühne zum Mitsingen). Weil sie von all dem zu ihrer großen Enttäuschung immer noch nicht leben kann, ist sie auch noch Chefin einer Agentur. Tagsüber bearbeitet sie Excel-Listen und führt streng geheime Untersuchungen durch. Nachts nutzt sie alle Gelegenheiten, die sich bieten, um zu schreiben. Susanne Kristek, geboren in der Steiermark, lebt mit Mann und Kind in Wien und trauert immer noch der Absetzung der Lindenstraße nach.

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