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In den vielen Jahren, die sich Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall für ihr Onlinemagazin schon mit Einkaufen, Kochen und Genießen befassen, haben sie eines gelernt: Die wichtigste Zutat für ein gutes Essen ist Qualität. Sie bringen es auf den Punkt: Je besser die verwendeten Produkte, desto kürzer die Zutatenliste, denn gute Lebensmittel stehen meist so eindrucksvoll für sich, dass jede weitere Begleitung mehr ablenkt als ergänzt. Im Vorwort beschreiben sie atmosphärisch einen Gang über den Markt mit allen Sinnen – das Kochen beginnt mit dem Gespür für eine gute Auswahl. Woran erkennt man ein gutes Olivenöl? Dazu gibt es ein puristisches Rezept aus den Abruzzen: Spaghetti alla Trappitaria, bei dem das erntefrische Olivenöl eine wichtige Rolle spielt, mit eingelegten Tomaten und Basilikum angereicht. Butter und Schmalz sind die nächsten Themen. Wir erfahren, warum die italienische Butter anders schmeckt als bei uns, etwas über die Herstellung – Butter ist kein wichtiger Baustein in der italienischen Küche. «Artischocken gehören zu den wichtigsten Zutaten der Splendito-Küche.» Fasziniert hat mich ein Rezept mit Namen Riso al Forno ai Carciofi, ein Risotto aus dem Backofen (nicht gerührt), mit Artischocken und Parmesan knusprig überbacken. Derzeit kommen die frischen Artischocken auf den Markt und ich werde es ausprobieren. Die Tomate darf nicht fehlen – auch hier kommt es auf die Qualität an – asketische Rezepte, eins mit rohen Tomanten zu Pasta für den Sommer, Crudaiola; oder mörderisch gut die Spaghetti All´Assasina aus Apulien, eine Soße aus Tomatenpassata und -ark – beides mit ein wenig Käse und Basilikum begleitet, einem Hauch Knoblauch. Grünes Gemüse, Salatsorten oder Cavolo Nero, der Schwarzkohl. Er lässt sich gut zu einem Pesto verarbeiten und als schnelles Nudelgericht zubereiten. En Saor – sauer eingelegt, wie Sardinen. Das schmeckt auch mit Radiccio en Saor aus Venedig, der im Ofen kurz mit Essig und Öl im Backofen geschmort wird. Als Topping glasierte Zwiebelringe, in Essig eingelegte Rosinen, Pinienkerne gehackt. Altes Graubrot verwenden? Wie wäre es mit eine Favò Ozein aus dem Aosta Tal? Die Bohnen mit dem altbackenen Brot, Ditalini (oder ähnlicher kurzer Pasta) und ein paar anderen Zutaten servieren. Zwiebeln, keine Ragouts, Pilze, Trüffel, Nüsse, Weizen und andere Getreidesorten – Warenkunde. Das Autorenteam hat auf seinen Reisen durch Italien gastronomisch dazugelernt. Hochwertige Grundprodukte und maximale Einfachheit führen hier häufig zu Geschmacksdichte. Käse und Rezepte zu Pastagerichten mit verschiedenen Käsesorten; Farrotto Orecchiette mit Blumenkohl und Gorgonzola – und ein Gelatina di Lambrusco – ein Gelee, das zu Käseplatten süchtig machen soll. Wir werden es ausprobieren. Parmesan; welches ist der Beste? Ein Rezept für ein Eis: Gelato di Parmegiano Reggiano. Ein Cacio all´Argentiera, ein Caciocavallo nach Art des Silberschmieds, gebraten mit Knoblauch und wildem Oregano mit Essig und Öl serviert. Die Resteverwertung des Kartoffelpürees ist lecker oder ein Risotto mit Feigen und Burrata – die Käserezepte zeigen, wie unwichtig Fleisch sein kann. Aber natürlich haben auch Schinken, Speck, Salami, Salsiccia und Mortadella das Wort; altimbocca alla Romana; Tortellini alla Panna, Malfatti. Essig, Sardellen, Kapern, Oliven, Safran, Kräuter – Warenkunde, um die richtige Auswahl zu treffen. Aber was sind gute Produkte überhaupt? Wo findet, wie erkennt und verarbeitet man sie? 35 Produktgruppen und über 80 Rezepte finden wir in diesem erzählenden Kochbuch, das tiefe in die Küche Italiens eintaucht, zeigt, worauf es bei guten Zutaten wirklich ankommt. Die Splendido-Rezepte bestehen aus höchstens einer Handvoll Zutaten – Purismus pur. So auch die Fotos: schlichtes Geschirr, keine ablenkenden Hintergründe und Beigaben. Rezepte ohne Mengenangaben und mit variablen Zutaten; selbst spüren, wie alles zusammenhängt, wann das Gericht zum Servieren bereit ist. Also ein Kochbuch, das für den Anfänger in der italienschen Küche gewagt wäre. Am Ende gibt es ein Sortenregister – ein Schlagwortverzeichnis und ein weiteres, das nach Speisefolge agiert, wie z. B. Vorspeisen. Hier ist hinter dem Rezeptnamen ein Symbol für die Jahreszeit gesetzt, denn die Produkte sollen ja frisch auf den Tisch kommen. Das Buch ist vor allem eine Liebeserklärung an das Einfache in der Gute. Für mich beschreibt dieses Kochbuch «La scienza in cucina e larte di mangiar bene» – die Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens. Juri Gottschall, Mercedes Lauenstein leben zusammen in München und Norditalien und haben 2015 das Splendido Magazin gegründet. Seitdem recherchieren und schreiben sie gemeinsam über Italien, gute Produkte, Kochen und Konsumkultur. 2022 erschien bei DuMont ihr erstes Kochbuch ›Splendido. Italienisch kochen mit besten Zutaten und viel Gefühl‹.