marcello
Gut, dass Sandra Åslund nun anfängt, Schweden-Krimis zu schreiben, denn die Cover ihrer in Frankreich spielenden Krimis habe ich beim Scrollen zwar durchaus wahrgenommen, aber da ich nicht mehr so viele Krimis lese, wie es mal war, muss ich einfach sagen, dass mich Schweden als Kulisse einfach mehr anzieht als Frankreich, obwohl ich in Letzterem schon öfters war und auch dort natürlich spannende Verbrechen passieren können. Aber zack, „Im Herzen so kalt“ spielt in Östersund (außerdem Biathlon-Strecke!) und ich bin dabei. Zunächst einmal finde ich die große Themenwahl, unter die dieser erste Band steht, sehr gut. Vor allem bei dem Thema Umweltschutz und speziell Kahlschlag von Wäldern hat man spätestens am Ende auch gemerkt, dass sich die Autorin intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat und das ist im Buch selbst schon angekommen, aber dass sie am Ende auch noch einmal weiterführende Lektüre empfiehlt, löblich. Denn ich muss auch gestehen, dass ich es hier in Deutschland so empfinde, als würden die nordischen Länder in Sachen Klimaschutz eine Art Vorreiter sein, aber das zeigt doch wieder, unkritisch darf man die Medien nicht konsumieren. Was ja nicht bedeutet, dass Schweden jetzt zu den schlimmen Fingern zählt, genauso wenig wie Deutschland überall nachhängt. Aber es ist ein wichtiges Thema und ich fand es in dem Krimi lebensnah verpackt. Ich empfand es auch unaufdringlich, wie sich dann Maya beispielsweise mit ihrem Partner Pär über einige Maßnahmen unterhält. Es ist keine Maßreglung, was nicht alles sofort und sogleich abzuändern ist, sondern es sind die kleinen Ideen, die etwas Großes bewirken können. Das zweite Thema ist dann natürlich sexueller Missbrauch. Auch ein Thema, was nie weniger wichtiger wird. Ich fand es zwar bei keiner der betroffenen Frauen richtig konsequent ausgearbeitet, aber in allen Geschichten zusammen steckte genug drin. Bei Krimis sind für mich die Erzählperspektiven immer ein großes Thema. Es ist definitiv das Genre, wo ich für mehrere Perspektiven auf jeden Fall plädiere, weil die verschiedenen Erzählstimmen helfen können, neue Theorien anzustoßen, aber auch Verwirrung zu stiften. Dennoch müssen sie immer einen klaren Sinn für mich ergeben, sonst sind es verschwendete Seiten, um es mal ganz platt zu sagen. Während Maya natürlich keine Diskussion ist, so war ich bei Sanna am Anfang auch sehr verwirrt. Zwar kreuzen sich die Wege der beiden Freundinnen dann auch in Östersund und sie gibt schließlich auch wichtige Hinweise für die Ermittlung, die Maya in eine neue Richtung lenken, aber das wäre möglicherweise auch ohne eigene Perspektive gegangen. Aber offenbar war der Autorin eben das Thema sexueller Missbrauch wichtig, aber im Zusammenhang mit dem Ermittler aus Östersund, Hilding, würde ich es als Thema lassen, dass die Autorin bei den Perspektiven aufpassen könnte, zumindest in meinem Empfinden. Ich brauchte die Perspektive von Pär nicht, weil er und Maya ja wirklich das meiste zusammen gemacht haben, aber der örtliche Polizist hat wirklich keinen Mehrwert gebeten. Am Anfang hat er mal kurz den Eindruck erweckt, dass er und sein Kollege Sonny da was am drehen sind, aber danach kam nichts mehr als eine unnötige Perspektive. Frida als Perspektive dagegen war sehr geschickt. Daher nochmal: Perspektiven, super, aber dann auch mit Bedacht gewählt. Maya als Protagonistin ist auf jeden Fall ein guter Ausgangspunkt. Da sie deutsche Wurzeln hat, ist es ganz passend, wie sie die beiden Länder auch schon mal gegeneinandersetzt. Da ich Schwedisch gelernt habe, finde ich es auch gut, dass der Du-Stil konsequent umgesetzt wird. Ungewohnt, aber entspricht dort eben der Kultur. So wird man als deutsche Leserschaft gut in dieses Land rübergenommen. Aber auch ansonsten ist Maya sympathisch. Sie ist offensichtlich auch eine gute Freundin und der Fall zeigt, dass sie für ihren Job ein gutes Gespür hat. Im Verlauf der Ermittlungen kann man durchaus diskutieren, wie professionell sie sich ab einem bestimmten Punkt verhalten hat, denn keine Ahnung, wie die Beweise hätten herhalten sollen, außer in Schweden gibt es da ganz andere Regelungen. Aber dennoch hat es eben bewiesen, dass Maya Dinge gut durchschaut und dass sie auch genau die richtige Portion Mut hat. Der Fall an sich war gut konstruiert, aber irgendwann waren die Puzzleteile auch gut zusammenzusetzen. Aber genauso wurde auch ersichtlich, dass Åslund es sich gar nicht als Ziel gesetzt hat, erst auf der letzten Seite alles aufzulösen. Es gibt stattdessen nach der Auflösung nochmal ordentlich Action und dann ein längeres Auslaufen der Geschichte. Es ist eine andere Stilistik, als ich es sonst gerne mag, aber dennoch hat es mich nicht so sehr gestört wie die Perspektiven beispielsweise. Denn die Action hat mich auch an den Seiten kleben lassen und dass sich am Ende nochmal viel Zeit genommen wurde, das hat für mich signalisiert, dass die Autorin Mayas Welt wirklich etablieren will, dass man auch zurückkehren will. Das kann ich der Autorin nicht vorwerfen. Fazit: „Im Herzen so kalt“ ist ganz eindeutig ein Band, der zeigt, wie Sandra Åslund diese Reihe gestalten will. Sie beschäftigt sich mit aktuellen Themen, sie will nicht nur den Fall, sondern sie will auch die Action. Alles gut und hat mich auch überzeugt, aber in der Stilistik, beispielsweise welche Perspektiven gewählt wurden, da sehe ich noch Verbesserungspotenzial, dass ich auch in allen Aspekten an Bord bleibe.