stricki
Die Töchter des Bärenjägers sind Außenseiterinnen. Dafür hat ihr Vater gesorgt. Sie besuchten keine Schule, sie lebten in einer eigenen Blase, sehr einfach, primitiv, archaisch. Der charismatische Vater: ihr Gott. Die Mutter: Dienstmagd, die den Hof am Laufen hält und regelmäßig die Töchter des großen Mannes gebären darf. Die sieben Schwestern purzeln durcheinander wie ein junger Wurf Hunde, ihr Leben besteht aus Raufen, Saufen, Rauchen und den Vater imitieren und anhimmeln. Ihr Leben hat mit dem Leben Gleichaltriger wenig gemein, die Schwestern scheinen nur aus niederen Instinkten zu bestehen, befeuert vom brutalen Vater, der ihnen das Jagen beibringt und ihnen die Furcht vor Behörden, dem Staat und allen Obrigkeiten einhämmert. Sie leben in großer Armut, verlottert, ungebildet, mit ihren eigenen Regeln. Als die Eltern sterben, ziehen die sieben Schwestern in die Wildnis, in eine Jagdhütte des Vaters. Dort wollen sie ohne Strom, Wasser und jeglichen Komfort autark leben. Doch das Leben ist hart, die Schwestern unerfahren, sie streiten und kämpfen, sie frieren und hungern dem nächsten Markt in der Stadt entgegen, wo sie ihre Felle und Fleisch verkaufen wollen, um sich das Nötigste wie Stiefel, Schnaps, Benzin oder Nägel zu kaufen. Die erste Hälfte des Buches beschreibt den Alltag der Familie, die Originalität der jungen Frauen, die hier unglaublich selbstbewusst und stark erscheinen. So konnte ich sie kaum von einander unterscheiden - eine Absicht der Autorin, würde ich jetzt im Nachhinein vermuten. Sie waren ein wilder Mob, ein verrücktes Knäuel aus Kraft, Bedürfnissen und Großmäuligkeit, attraktiv durch ihre Andersartigkeit. Richtig interessant wurde die Geschichte für mich, als sich die Unterschiede zwischen den Schwestern in der Wildnis zeigen, mit all ihrem gefährlichen Konfliktpotenzial. Als ihr Leben lebensbedrohlich wird, als eine Veränderung unumgänglich scheint, das hochverehrte Regelwerk des verstorbenen Vaters sich als das entpuppt, was es die ganze Zeit war: die miese Indoktrination eines gewissenlosen Preppers, dem es wohl kaum um das Wohl seiner Kinder ging. Die erste Hälfte der Geschichte hat ihre Längen, aber das Durchhalten wird belohnt. Eine abgefahrene Geschichte!