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nannisraeuberleben

Posted on 16.10.2023

Nach anfänglichen Schwierigkeiten in das Buch reinzukommen, habe ich mich sehr gut aufgehoben gefühlt in der Gemeinschaft der Frauen, die betroffen von Alltagssexismus, von physischen wie psychischen Übergriffen, vom Kleinhalten der Frauen, eine Verbindung schaffen und zeigen, was gelingt, wenn wir zusammenhalten. Ohne großes Tamtam, ohne Parolen und schischi, sondern einfach so wie wir sind, als Frauen die sich gegenseitig so akzeptieren wie sie sind. Mit allen Narben, Verlusten, Schwächen und Sehnsüchten. Maria muss wohl oder übel zurück in die alte Heimat. Eigentlich zieht es sie nicht mehr dahin, seit der einen Sache, über die sie nicht mehr redet, weil ihr damals sowieso niemand geglaubt hat. Und schon gar nicht mehr seit ihre geliebte Oma tot ist. Ihr bleibt keine andere Wahl, denn das alte Haus ihrer Großmutter ist gerade die günstigste Alternative und irgendwie auch eine Möglichkeit wieder eine Verbindung zu schaffen, zwischen ihr und ihrer Tochter, die so ungern zur Schule geht, weil sie dort keine Gemeinschaft hat und außerdem Probleme mit einem Lehrer. Dass ausgerechnet Marias alte Freundin Vicky Linneas neue Lehrerin sein wird, empfindet Maria als Überfall. All die Gefühle, die sie so fest verschlossen hat, wollen direkt in der ersten Woche nach oben. Maria ist nicht bereit dafür sich der Vergangenheit zu stellen. Was ihr tatsächlich fehlt ist die Verbindung zu sich selbst. Zu ihren Gefühlen, zu Wut, Enttäuschung und Trauer, auch wenn diese sich oberflächlich einen Weg schlagen. Mit Maria hat Kristina Pfister eine Figur entworfen, in der sich sicher viele Frauen wieder erkennen. Nicht nur aufgrund dessen, was sie erlebt hat, sondern auch aufgrund der Tatsache wie sie mit ihren Gefühlen umgeht. Wie sie wegrennt, sobald das Gespräch auf sie kommt, wie sie sich im Zaum hält, wie sie gelernt hat, nicht wichtig zu sein, leiser, ruhiger, weniger. Eigenschaften, die Töchter nicht lernen sollen und die doch weitergegeben werden, weil sie nicht aufgearbeitet wurden. Nur weil etwas vergraben wird, ist es nicht weg. Unerfüllte Bedürfnisse bleiben ein Leben lang... Als Kontrast zu Maria steht ihre Nachbarin und beste Freundin ihrer Großmutter Martha. Eine Frau mit Lebensgeschichte, die Frauen um sich herum geschart hat, die eine Verbindung zu Gleichgesinnten suchen. Die sich Stärken und Stützen, um nicht mehr klein zu sein, sondern zu ihrer wahren Größe zu finden. Das ist auch das, was ich gerne an Frauen weitergeben möchte und deshalb habe ich mich von "Tage im warmen Licht" sehr gut verstanden und abgeholt gefühlt. Ganz ohne den Aufbau von Action und künstlicher Spannung erzählt Kristina Pfister eine Geschichte aus dem echten Leben. Wie sie uns zu 100-, zu 1000-fach begegnet. Feministisch aktuell, ohne Ausgrenzung und mit viel Wärme, schafft sei Nähe und Verbundenheit, lässt Maria und Martha, Britta und Linnea zu Freundinnen werden. Ich lerne von ihnen genauer hinzuschauen. Auf mich zu achten und andere Frauen. Zuzuhören und die Arme zu öffnen. Keinen Keil dazwischen treiben zu lassen von patriarchalen Gedanken und Strukturen. Für diejenigen, die noch Schwierigkeiten haben diese zu erkennen, ist "Tage im warmen Licht" ebenso eine Leseempfehlung wie für diejenigen, die schon damit begonnen haben sich selbst zu trauen und Verbindung zu schaffen.

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