Ladybug
Ging mir sehr unter die Haut Katha hat schon als Kleinkind darauf geachtet, sich anzupassen, sich zu kümmern, keinen Ärger zu machen, zu gefallen. Ihre eigenen Bedürfnisse hat sie immer zurückgestellt. So war sie immer bequem und hat den Eltern viel abgenommen, sogar die Erziehung der jüngeren Schwester. Doch dann zerbricht die Ehe der Eltern und Katha zieht mit Mutter und Schwester nach Dortmund. Zunächst bleibt sie in ihrer Rolle, doch dann lernt sie Angelica, die Mutter ihrer Klassenkameradin Sofie kennen. Von da an verändert sich alles. Schon mit dem ersten Satz wird man von Katha in ihre Geschichte gezogen. Das hat die Autorin mit einer erstaunlichen Leichtigkeit geschafft. Man könnte hier fast meinen, in einem Jugendroman gelandet zu sein und das bleibt auch eine ganze Zeit lang so, sodass ich schon fast glaubte, ich hätte mich im Buch geirrt, zum falschen Titel gegriffen, und nachgesehen habe. Ich mag Jugendbücher, das ist nicht das Problem gewesen. Aber die Story passte so gar nicht zum Titel. Die Jugend von Katha war nicht so einfach, wie man sich das Kindern und sich selbst immer wünscht, aber sie ging in ihrer selbst gewählten Rolle bis zu einem gewissen Punkt sehr gut auf. Die Schilderungen der Ereignisse sind klar und schnörkellos, sodass man sie deutlich vor Augen hat. Nach dem großen Teil der Vergangenheit, eben der Jugend von Katha, folgt relativ kurz die Gegenwart und damit ihr Erwachsenenleben. Um die erwachsene Katha zu verstehen, muss man eben ihre Jugend, ihre Vergangenheit kennen. In diesem Abschnitt lernt Katha mehr über sich selbst, als sie ahnen konnte. Und auch der Leser kann hier viel für sich selbst mitnehmen. Das mag ich sehr an guter Literatur. Hier wurde es besonders gut und auf erfrischende Art umgesetzt. Sina Scherzant lässt Katha ihre Geschichte selbst erzählen, wodurch sich der Leser direkt angesprochen und damit einbezogen fühlt. Sie schafft es, dass man anfangs wirklich glaubt, dass Katha in genau diesem Moment Teenager ist. Es erinnert sich also nicht eine erwachsene Frau an ihre Jugend, sondern Katha hat sich selbst direkt zurück in ihre Jugend versetzt. Wunderbar! Mich hat das Buch sehr bewegt und beeindruckt. Ganz klar: fünf Sterne!