joberlin
Georg Wilhelm Pabst zählt zu den großen Regisseuren der Weimarer Republik. Er drehte mit internationalen Stars der 20er Jahre, wie zum Beispiel Greta Garbo, Asta Nielsen, Louise Brooks. 1933 geht er nach Amerika, hier liegt die Zukunft des Films, hier kann er frei von Nazirepressalien arbeiten. Doch der erfolgsgewohnte Regisseur scheitert, zu schlecht sind seine Englischkenntnisse, zu unterschiedlich die Arbeitsweisen. 1939 besucht er seine kranke Mutter in Österreich und wird dort vom Kriegsbeginn überrascht, eine Rückkehr in die USA ist nun nicht mehr möglich. Schon in den ersten Tagen auf seinem österreichischen Gut wird klar, wer nun das Sagen hat, welche Regeln nun gelten. Die Szenen mit dem Gutsverwalter Jerzabek, NSDAP-Mitglied, sind sehr gut geschrieben, hinter der äußerlichen Servilität lauert nicht nur subtile Abneigung, es ist da bereits etwas Bedrohliches, etwas ganz Ungeheuerliches zu erahnen. Beängstigend gut geschrieben sind auch Szenen auf einem Bahnhof an der österreichischen Grenze, die Angst vor Kontrolle, Willkür, Gewalt kriecht mit jeder Zeile in ganz unheimlicher Stimmung weiter voran. Und Pabst beginnt – entgegen seiner politischen Überzeugung - unter Nazivorgaben Filme zu machen, die natürlich nicht ohne mehr oder weniger subtile Propagandatöne auskommen und ihn in die Nähe der Kollaborateure rückt. Später bietet er alles auf, um diesen Vorwürfen effizient zu begegnen. Die von Daniel Kehlmann gewählten Kapitelüberschriften – Draußen, Drinnen, Danach – können somit als Lebenswegweiser des Regisseurs gesehen werden. Daniel Kehlmann komponiert seinen Roman an vielen Stellen mit filmischen Mitteln, so wirkt ein Treffen von Bekannten und Kollegen Pabsts in Frankreich eben wie ein Lichtspiel in Auf- und Abblenden gesetzt, Schicksale blitzen hell auf und entschwinden wieder im Dunkel. Einigen Lebenswegen möchte ich noch weitergehend folgen. Der Roman jedenfalls hat mir stilistisch und inhaltlich sehr gut gefallen.