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R. S.

Posted on 30.9.2023

Bedrückend und fesselnd zugleich In dem überraschend fesselnden Roman "Ich, Sperling" begleitet man einen Sklavenjungen unbekannten Alters, unbekannter Herkunft und unbekannten Namens von seiner frühen bis mittleren Kindheit, wie er zunächst als Haushaltssklave und dann als Kinderprostituierte im heutigen Cartagena in einer Taverne lebt. Als er Jahrzehnte später aus Großbritannien schreibt, erinnert sich Sperling an sein damaliges Leben. Dank der ausführlichen bildlichen Beschreibung bekommt man ein Gefühl für den Ort und die Zeit, in der das Buch spielt. Der begrenzte Lebens- und Handlungsraum von Sperling erwacht zum Leben, wenn er sich in den Straßen von Karthago Nova bewegt oder in den engen und bedrückenden Wänden des Bordells, in dem er lebt. Manchmal hindert jedoch der bildhafte Erzählstil die Handlung am Vorankommen, besonders am Anfang dauerte es etwas, bis die Geschichte wirklich in Gang kommt. "Ich, Sperling" ist eine gut geschriebene, atmosphärische und teils auch deprimierende Lektüre. Sperling durchbricht an einer Stelle die vierte Wand und sinniert darüber, dass wahrscheinlich niemand jemals seine Gedanken lesen wird, was meiner Meinung nach das Thema dieses Romans, die völlige Hoffnungslosigkeit, auf den Punkt bringt. Es gibt kein Happy End, keine Antworten auf die offenen Fragen, wodurch der Schluss des Buches im Vergleich zum Rest des Buches etwas abfällt. Die verschiedenen Charaktere sind mehr oder weniger komplex, was aber auch an der gewählten Erzählperspektive aus der Sicht von Sperling liegen könnte. Bedingt dadurch, dass man das Alter von Sperling nicht weiß, fällt es oft schwer, die Geschehnisse zeitlich einzuordnen, was teils für Verwirrung sorgt. Es ist kein leichter Roman, er schreckt nicht davor zurück, das harte Leben eines Sklavenjungen in einem antiken römischen Bordell darzustellen. Doch so schrecklich manche Szenen auch sind, so fliegt man ähnlich wie ein Sperling über die Dächer von Rom fliegt durch die Seiten des Romanes. Fazit: Ein toller historischer Roman aus der Sicht eines Sklavenjungen im alten römischen Reich, der trotz kleiner Schwächen im Erzähltempo und der Charakterdarstellung, zu überzeugen und zu berühren weiß.

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