B. S.
Von Thunfischen und Menschen - Atmosphärisch dicht erzählt In "Mattanza" begleitet man eine italienische Fischerinsel mitsamt Bewohnern, wie sie beide dem Wandel der Zeit ausgesetzt sind und den aufkommenden Veränderungen versuchen mehr oder weniger erfolgreich zu trotzen. Auf Katria wird seit jeher der traditionelle Thunfischfang, der Tonnarra, betrieben, und zwar traditionell angeführt vom männlichen Erbe des Rais. Doch der bleibt diesmal aus, anstatt dem langersehnten männlichen Nachfolger wird Nora geboren. Nora wird gegen den Traditionen zur Erbin des Rais und somit im traditionellen Thunfischfang ausgebildet. Mit den Jahren wächst sie als Erbin des Rais in ihre Rolle und Aufgaben hinein und schafft es, die Zweifler zu überzeugen. Das Leben auf Katria könnte seinen ruhigen und gewohnten Bahnen verlaufen, wären da nicht die Veränderungen, die auch vor Katria nicht haltmachen. So landen bald nicht nur Thunfische an der Küste der italienischen Insel an, sondern anfangs Touristen und dann später Flüchtlinge. Ein ständiger Kampf mit und gegen die Traditionen durchzieht den Roman. Die Autorin schafft es hierbei fesselnd und stimmungsvoll ein umfassendes Porträt der Inselbewohner, von der Protagonistin Nora und vor allem vom Meer und vom Thunfischfang zu zeichnen. Unter ihrer Feder erwacht die Insel zum Leben und man wird beim Lesen Teil dieser. Gleiches gilt auch für die Fischergemeinschaft. Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass ein Roman über den Fischfang mich so in seinen Bann ziehen könnte, "Mattanza" hat dies aber dank seines ausdrucksstarken Schreibstils, der gut Stimmungen und Gefühle einfangen kann, geschafft. Dank verschiedener Erzählperspektiven und der Aufteilung der Kapitel nach Jahreszahlen, beginnend im Jahr 1960 bis 2012, wird man direkt Zeuge des Wandels, der auf Katria einzieht und kann die verschiedenen Sichtweisen der Charaktere verstehen. Gerne hätte ich mir deswegen noch mehr Einblick in das traditionelle Leben auf Katria und wie es sich über die Jahre hinweg verändert, gewünscht. Teilweise war es mir nämlich zu episodenhaft erzählt, sodass leider etwas an Tiefe verloren gegangen ist. Insgesamt wurde zwar ein tolles umgreifendes Gesamtpanorama der Insel, seiner Bewohner und des Fischfangs erzeugt, aber verblieb manchmal nur an der Oberfläche. Im Gegensatz zum Meer, hat die Geschichte dadurch nicht ihre ganze erzählerische Kraft entfalten können, was schade ist, denn der bildhafte Schreibstil und die vielschichtige Handlung weiß zu begeistern. Ein paar mehr Seiten hätten dem Roman sicherlich gutgetan. Trotz kleiner Schwächen, wusste "Mattanza" mich zu fesseln und ich bin die Welt der Fischergemeinschaft von Katria eingetaucht.