biancaneve66
Vätererbe Seinen Großvater hat er nicht gekannt, sich für die Familiengeschichte bisher nicht besonders interessiert, und dennoch beginnt der Autor plötzlich zu forschen. In Polen macht er sich auf die Suche nach dem Wohnhaus seiner Ahnen. Das Mietshaus in Schlesien wurde von den Nazis enteignet und nicht mehr an die Familie zurückgegeben. Auf dieser Spurensuche kreuzt er die Wege von Schatzsuchern, Anwälten und anderen Fremden. Er stellt Bezüge zur Vergangenheit her und außerdem viele Fragen, unter anderem, was es überhaupt bedeutet, ein Erbe anzunehmen. Die abgeschlagene Emailtasse am Cover führt passend ins Thema Erbe und Familie; es könnte sich dabei gut um die Erinnerung an einen Vorfahren handeln. Kaisers Buch besteht aus vier Teilen und umfasst einen Zeitraum von mehreren Jahren. Er bezeichnet es selbst als Sachbuch, doch nicht nur durch die Sicht eines Ich-Erzählers wird es sehr persönlich und dadurch auch berührend. Er zitiert Passagen aus den Aufzeichnungen eines – neu entdeckten - Verwandten, baut Dialoge ein und wirkt in allen Ausführungen recht ehrlich; bei allem Ernst der Thematik versteckt er an etlichen Stellen im Text auch trockenen Humor. Der Autor gibt in diesem Buch die Ergebnisse seiner außergewöhnlichen und ihn oft ermüdenden Spurensuche preis; mit allen Herausforderungen, Hindernissen und juristischen Spitzfindigkeiten, denen er dabei begegnet. Er baut historische Fakten ein, die dennoch nicht leicht greifbar sind; er schweift ab, beschäftigt sich mit Ausführungen zu Verschwörungstheorien, mit Goldsuchern oder anderen Themen. Und immer wieder kehrt er zurück zum Begriff Erbe, das er weniger in dem gesuchten Gebäude sieht, sondern vielmehr im Immateriellen und dadurch auch im Bemühen darum, zu begreifen, was man zurückgewinnen will.