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herbstrose

Posted on 3.9.2023

Blauschmuck - Geschenke der Männer Filiz wächst in einem kurdischen Dorf in der Türkei als siebtes von zehn Kindern auf. Beinahe alle Frauen dort tragen „Blauschmuck“, ein Geschenk ihrer Männer, das sie großzügig verteilen. Einige tragen ihn am Hals, andere wiederum an Händen, Armen, Handgelenken oder Fesseln, manche auch am ganzen Körper. Die Farbe wechselt von hellblau bis beinahe schwarz, sie ist abhängig von der Intensität der Schläge und den dafür benutzten Gegenständen. Auch Filiz wird bald Blauschmuck tragen, nachdem sie heimlich ihr Elternhaus verlassen und Yunus geheiratet hat. Statt des versprochenen Lebens in Europa ist sie nun seine Leibeigene und die Dienstmagd seiner Mutter. Anstatt Jeans trägt sie jetzt Burka, wird gedemütigt und geschlagen und gebärt ihm in den nächsten Jahren drei Kinder. Oft schlägt Yunus sie halbtot, um ihr kurz darauf seine Liebe zu beteuern. Das ändert sich auch nicht, als sie nach Österreich auswandern, wo er im Immobilienhandel viel Geld verdient. Filiz und die drei Kinder leben dort wie im Gefängnis und werden weiterhin brutal misshandelt. Als Yunus sie eines Tages beinahe totschlägt, verständigen aufmerksame Nachbarn Notarzt und Polizei … Katharina Winkler, geb. 1979 in Wien, ist eine österreichische Schriftstellerin. Sie wuchs in Oberösterreich auf, studierte an der Universität in Wien Theaterwissenschaft und Philosophie und promovierte im Fach Germanistik. Nach Schauspielstudium in Wien wirkte sie in Theater- und Filmproduktionen mit. „Blauschmuck“ ist ihr Debütroman, der 2016 erschien, internationale Preise und Auszeichnungen erhielt und in mehr als 10 Sprachen übersetzt wurde. Der Inhalt des Romans beruht auf wahren Begebenheiten. Die Autorin lebt mit ihrem Sohn in Berlin. So schön der Titel auch klingt, umso brutaler ist die Geschichte über Gewalt, Missbrauch und Abhängigkeit in der Ehe. Es ist oftmals kaum auszuhalten wenn man bedenkt, dass die Ereignisse auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen. Die einfache, nüchterne und reduzierte Sprache der Autorin verringert die Distanz zwischen der Protagonistin und dem Leser und gibt Filiz’s Gedanken und Gefühlen Raum. Man kann sich diesem Leid nicht entziehen, fühlt sich dem Geschehen, das man sich kaum vorstellen kann, hilflos und ohnmächtig ausgeliefert. Dabei drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob die Männer dieser Kulturen das Tragen von Burka und Totalverschleierung eventuell deshalb vorschreiben und strikt verteidigen, um ihre Gräuel- und Missetaten zu verdecken? „Du schlägst mich tot, aber du kommst mir nicht nahe“ (S.194). Dieser Satz sagt vieles aus, über den Mut und die Stärke dieser gequälten Frau. Wie das Leben von Filiz, Yunus und den drei Kindern weiter geht, erfährt man in einem kurzen Kapitel im Nachsatz. Fazit: Eine Geschichte die erschüttert und aufrüttelt, die im Gedächtnis bleibt und hoffen lässt, dass sich die Situation aller muslimischen Frauen irgendwann mal ändern wird.

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