Matzbach
Ein Buch rezensieren, das man nicht zuende gelesen hat? Eigentlich kein guter Stil, aber nach der Lektüre des ersten Kapitels drängte sich mir der arge Verdacht auf, dass da jemand die deutsche Geschichte weiß waschen möchte. Rainer F. Schmidt schreibt viel von der Verantwortung der Franzosen, Briten und Russen für den Ersten Weltkrieg und spielt demgegenüber die deutsche Rolle deutlich herunter,. Zudem wirft er renommierten Historikern eine Art Schuldkult vor. Klar ist die Frage nach den Ursachen und der Verantwortung für den Beginn (nicht Ausbruch, Vulkane brechen aus) umstritten und definitiv auch kein Ruhmesblatt für die deutsche Geschichte. Aber Erkenntnisse, die sich seit der Fischer-Debatte in den späten Fünfzigern eigentlich durchgesetzt haben, mal mir nichts, dir nichts zu verwerfen, ist mir dann doch zuviel. Die deutsche Alleinschuld, 1919 im Versailler Vertrag eigentlich als juristische Krücke für die Begründung der enormen Reparationsansprüche eingebaut, ist längst kein Thema mehr, aber die deutsche Politik zum Opfer französsicher Revanchepolitik sowie britischer und russischer Machtinteressen umzustilisieren, geht gar nicht. Und dann ausschließlich den Versailler Vertrag für den Nationalsozialismus verantwortlich zu machen, hieße dann ja auch, dass eigentlich die Siegermächte die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg tragen..Billiger kann man sich aus der deutschen Verantwortung nicht davonschleichen. Das mag Gauland , Höcke und andere AfD-Konsorten freuen, aber seriös geht anders. Als ich nach der Lektüre des ersten Kapitels diese Verdachtsmomente hatte, habe ich mal über den Autor und sein Werk recherchiert, und siehe da, mein Verdacht wurde durch namhafte Fachleute unterfüttert, die Schmidt nicht nur Geschichtsrevisionismus vorwerfen, sondern auch handwerkliche Mängel. Insofern spare ich mir wertvolle Lebenszeit und verzichte (keineswegs schweren Herzens)nach 48 Seiten auf die Lektüre der restlichen 830 (878 Seiten Gesamtumfang). Warum allerdings diese Werk auf den Listen der Zentralen für politische Bildung erscheint, lässt Schlimmes befürchten. Entwede hat da jemand nicht gelesen (oder verstanden) oder es handelt sich um den Versuch staatlichen Geschichtsrevisionismus, aber in einem Staat, der sich Maaßen als obersten Verfassungsschützergeleistet hat, vermag ich das leider nicht gänzlich auszuschließen. PS: eigentlich ist ein Stern schon zuviel, das Buch hätte Minus-Sterne verdient.