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mabuerele

Posted on 25.7.2023

„...Die Male stammen nicht von einer Hand, man kann keine Druckspuren einzelner Finger unterscheiden. Ich konnte mir heute Morgen im Hof schon ein Bild davon machen...“ In der Gerichtsmedizin wird ein toter Säugling untersucht. Während sich Anna Gedanken darüber macht, warum eine Mutter ihr Kind tötet, klärt sie Dr. Gernhuber darüber auf, dass es kein Fall für die Polizei ist. Das Kind ist während der Geburt an der Nabelschnur erstickt. Die Autorin hat erneut einen spannenden historischen Krimi geschrieben. Anna Zech, Assistentin der Gerichtsmedizin, und Fritz von Weynand, Skandalreporter, wollen mehr wissen. Auch die Polizei gibt keine Ruhe, da bei ihnen ein anonymes Schreiben eingeht. Die Geschichte spielt zu Beginn des Ersten Weltkrieges. Die historische Situation wird gut wiedergegeben. Selbst in Münchner Künstlerkreisen ist die Stimmung gedrückt. Die Leichtigkeit des Lebens scheint zu schwinden. Während sich manche mit Begeisterung für den Kriegseinsatz bewerben, hoffen andere, dass der Kelch an ihnen vorüber geht. Fritz` Sarkasmus ist durch nichts zu überbieten: „...Nur weil wir aus der besseren Gesellschaft unseren Dienstboten das Heiraten untersagen und ihnen einen Hungerlohn zahlen, bei dem manche Spülhilfe sich überlegt, am nächsten Hauseck auf Freier zu warten, um sich etwas dazu zu verdienen, heißt das doch nicht, dass diese Dienstboten sich außerehelichen unsittlichen Gelüsten hingeben dürfen...“ Als eine schwangere junge Frau gefunden wird, deren Tod als Selbstmord inszeniert wurde, aktivieren Anna und Fritz ihre Bemühungen, Licht ins Dunkel zu bringen. Wieder geht ein anonymes Schreiben bei der Polizei ein. Doch der Beschuldige bekommt von allen Seiten einen guten Leumund. Wer geht hier warum mit Falschinformationen hausieren? Die Geschichte gibt mir einen Einblick in verschiedenste Gesellschaftsschichten in Berlin. Fritz erlebt, wie sein Schwiegervater den Krieg begrüßt und daran arbeitet, fleißig am Tode der Soldaten zu verdienen. Anna hat Angst um ihre Bruder, der eingezogen wurde. Dr. Gernhuber möchte seinen Kollegen davon abhalten, sich freiwillig an die Front zu begeben. Außerdem blüht gerade in dieser Zeit Verleumdung und Denunziation. Wer nicht ins Schema passt, muss damit rechnen, als nächster an die Front geschickt zu werden. Der Fall allerdings erweist sich als kompliziert. Es dauert seine Zeit, bis die Protagonisten ein Licht am Ende des Tunnels sehen und sich aus vielen Puzzlestücken ein Gesamtbild ergibt. Überraschungen bleiben dabei nicht aus. Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie hat einen hohen Spannungsbogen, ist durchzogen von feinem Humor und unerwarteten Wendungen.

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