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Petzi_Maus

Posted on 19.7.2023

Love-Scamming an der Nordseeküste 4,5 Sterne Die Buchhändlerin von St. Peter-Ording, Karla Hensel, wird von ihrer Angestellten als vermisst gemeldet. Bei den Untersuchungen stellt sich heraus, dass sie auf einen Liebesbetrüger im Internet, einen sogenannten Love-Scammer, hereingefallen ist und diesem bereits viel Geld überwiesen hat. Aber Karla Hensel ist nicht die einzige Frau im Umkreis, die auf diese Betrüger von der Nigerianischen Mafia hereingefallen ist. Auch vor knapp zwei Jahren ist die betuchte Elke Färber verschollen, deren Boot brennend aufgefunden worden ist - und nun wurden ihre Knochen an den Strand gespült. War auch sie ein Opfer der Love-Scammer? "Nordwestschuld" ist der vierte Teil der Reihe Soko St. Peter-Ording, kann aber eigenständig gelesen werden, da der Fall in sich geschlossen ist und auch Vergangenes aus dem Privatleben der Ermittler in genau der richtigen Menge enthalten ist. Der Schreibstil ist flüssig und lebendig, und der Spannungsbogen ist konstant hoch gehalten. Der Prolog spielt im April 2019; die Kapitel sind in Tage unterteilt, beginnend mit dem 12. Dezember 2020, gehend bis zum 21. Dezember. Anna Wagner ist eine sympathische, taffe Ermittlerin mit einer guten Kombinationsgabe. Ihr Kollege Nils Scheffler geht diesmal leider aufgrund seiner psychischen Probleme etwas unter; doch er überwindet das Tief und ist im nächsten Band hoffentlich wieder präsenter. Dafür hat mir diesmal Dienststellenleiter Hendrik Norberg gut gefallen; er spielt eine größere Rolle; auch sein Privatleben kommt nicht zu kurz; und wie sich seine (berufliche) Zukunft entwickeln wird, macht mich sehr neugierig. Besonders gut gefällt mir der Lokalkolorit und die detaillierten Beschreibungen von St. Peter-Ording und der Örtlichkeiten, man kann sich ganz genau vorstellen, wie es dort im Winter aussieht. Auch erhält man viel Hintergrundwissen zum Thema Love-Scamming. Leider waren mir die Facebook-Beiträge der Betrüger zur Kontaktaufnahme mit den Frauen mit der Zeit zu viel; alle Beiträge ähneln sich in großer Weise und haben grauenvolle Grammatik. Dies immer wieder lesen zu müssen, hat mit der Zeit richtig genervt. Ein paar wenige Beiträge hätten da vollauf genügt. Auch wenn es natürlich wahnsinnig interessant und eigentlich unglaublich ist, dass all diese Beiträge original Postings sind, die die Autorin erleiden musste. Nichtsdestotrotz ist diese ganze Thematik nicht nur brandaktuell (siehe Anmerkung der Autorin), es ist betrübend, wie viele Frauen tatsächlich darauf hereinfallen - diese Gefahr wird im Buch anschaulich dargestellt. Die Autorin schafft es jedenfalls, zusätzlich zu diesem Thema weitere Spuren zu legen und einige Verdächtige zu präsentieren; und die Auflösung ist überraschend, authentisch und nachvollziehbar. Es ist toll, wie man gemeinsam mit den Ermittlern in aufmürbender Polizeiarbeit kleinste Puzzleteilchen ans Licht bringt, diese zusammensetzt und diese dann ein großes Ganzes ergeben. Fazit: Nordsee-Küstenkrimi mit einem aktuellen Thema, viel Lokalkolorit, sympathischen Ermittlern und einer authentischen Auflösung.

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