marcello
Nachdem 2021 von Kerstin Gier nach langer Wartezeit der Auftakt zur „Vergissmeinnicht“-Geschichte erschien, war meine Freude groß. Tatsächlich hat mich der erste Band dann aber nicht gut überzeugen können. Kritisiert hatte ich eine zu freigiebig erzählte Welt, die keine Grenzen zu haben scheint, keine klare Linie, wohin die Geschichte will und einen etwas chaotischen Schreibstil. Ja, ich finde es zwei Jahre später auch unglaublich, dass ich all das mal zusammen zu einem Buch von Kerstin Gier untergebracht habe. Band 2 mit dem Untertitel „Was bisher verloren war“ habe ich dennoch lesen wollen. Die gute Nachricht ist, ich bin wirklich galaktisch viel besser mit der Welt des Saums klarkommen und erkenne inzwischen einen deutlich roteren Faden. Zwar ist für mich immer noch nicht recht zu erkennen, ob es einen finalen dritten Band gibt, oder ob die Pläne noch viel weiter reichen. Das spricht immer noch dafür, dass es für mich vermittelt keinen klaren Schluss gibt. Dennoch hat mich das beim Lesen diesmal nicht so gestört, denn es klappt im Hier und Jetzt diesmal zu gut, als dass meine Gedanken da einen kritischen Ausflug tätigen wollten. Aber ich gehe dennoch davon aus, dass nach einem dritten Band Schluss sein wird. Sollte sich Gier auch für diesen nochmal bessern, dann kommt das Beste einfach ganz am Ende. Aber zurück zum zweiten Band: wir lernen zwar noch einige neue Charaktere kennen und zwar die Organisation, zu der Quinns verstorbener Vater Yuri angehörte, aber dennoch merkt man ansonsten, dass die Handlung sich jetzt gesetzt hat und dass es vor allem darum geht, zu den bekannten Figuren mehr herauszufinden und dann im Saum noch spezielle übernatürliche Wesen kennenzulernen, die dann unterschiedliche Gefahrenstellen darstellen. So ergibt sich aber ein gut strukturierter Handlungsbogen, der gerade am Ende auch eine tolle Spannung aufbaut. Auch der Schreibstil zeigt sich deutlich verbessert. Ich hatte auch den Eindruck, dass Gier es diesmal alles etwas cleverer gelöst hat. Die Handlung basiert nicht mehr so sehr auf berichteten Erlebnissen, sondern man ist immer live dabei, was einfach viel spannender ist. Zwar gibt es immer noch das Element, dass wir zeitlich nochmal zurückspringen, aber das ist dann so geschickt gelöst, dass es wie ein herausforderndes Puzzle wirkt, wo man begeistert mitknobelt. Das funktioniert diesmal aber auch besser, weil nicht nur Quinn die Abenteuer erlebt, sondern weil Matilda zunehmend gleichberechtigt wird. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass sie im ersten Band auf dem Abstellgleis war, aber dadurch, dass sie an die uns bekannte Realität gebunden war, war ihr Aktionsradius einfach etwas kleiner und im Vergleich hat Quinn dann einfach mehr erlebt. Diesmal wird es ausgleichender, weil erstens die Spannungsmomente wieder in unsere Welt geholt werden und weil dann zweitens Matilda ihren Weg in den Saum findet. Das ist wirklich das Beste, was der Geschichte passieren konnte. Wir haben nun höchst unterschiedliche Wege, die wir kennen, wobei Quinn und Matilda noch die harmlosesten Wege haben, aber es wird sehr spannend, wie sich das alles im dritten Band ausspielt, weil da nun wohl alle Möglichkeiten auf dem Tisch sind. Ich fand es auch diesmal sehr angenehm, dass Quinn und Matilda nach einer raschen Versöhnung zwar süß verliebt sein dürfen, dass die Geschichte aber ansonsten doch sehr erwachsen wirkt. Sie sorgen sich jeweils umeinander und das ist wohl völlig normal, aber es wird nicht noch künstliches Drama aus den Händen gesaugt (Eifersucht etc.), sondern es wird mehr an einem Strang gezogen. Zumal die beiden Figuren dann auch so ergänzend sind. Matilda ist eben eher die Wissenschaftlerin, die, die richtigen Fragen stellt und die mehr eine Kombinationsgabe hat. Quinn ist wirklich eher der impulsive Abenteurer, weswegen es nun umso besser ist, dass beide im Saum wirken können, selbst wenn Quinn von Matildas Art und Weise noch nicht wirklich weiß. Neben den beiden ist aber auch Jeanne ein großer Gewinn für die Geschichte. Sie wird mehr beleuchtet und sie zeigt sich dadurch als Figur, die immer unberechenbar bleiben wird, die als Verbündete aber immer der Ass im Ärmel sein kann. Auch ansonsten zeichnet sich immer deutlicher ab, welche Figuren wichtig sind und die werden intensiver beleuchtet. Das ist sehr angenehm, denn je mehr man in die Geschichten und die Figuren investiert ist, desto mehr gebunden ist man alles. Nach diesem Band will ich auf jeden Fall weiterlesen und ich finde auch, dass dazu ein vorzüglicher Epilog beiträgt! Fazit: „Vergissmeinnicht – Was bisher verloren war“ ist für mich eine klare Steigerung in der Geschichte von Kerstin Gier rund um den Saum und seine Figuren und Gestalten. Zwar scheint es immer noch kein absehbares Endziel zu geben, aber an Spannung, an Tiefe, an Relevanz und an Begeisterung gab es so viele Verbesserungen, dass ich diesmal ungerne aus der Geschichte gegangen bin. Ich freue mich auf Band 3!