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„...Nachdenklich betrachtete Elise ihren vier Jahre jüngeren Bruder. Er hatte recht, dachte sie. Jede Sekunde, die sie mit ihrer Geige verbringen dürfte, war für sie das reine Vergnügen...“ Elise ist das älteste Kind von Georg Spielmann, der ein begnadeter Musiker ist. Doch beruflich konnte er mit der Musik bisher nicht Fuß fassen. Dass er seiner Tochter das Geigenspiel beigebracht hat, ist ungewöhnlich in dieser Zeit. Geige gilt als ein Instrument, das Frauen nicht spielen können. Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und gut recherchierten historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist ausgereift und gibt die Zeitverhältnisse gekonnt wieder. Wir befinden uns im Dresden des Jahres 1841. Zur Eröffnung der Semperoper wird „Der Freischütz“ gespielt. Auch Georg Spielmann nimmt mit seiner Familie an der Vorstellung teil. Doch Elise muss zwischendurch den Raum verlassen. Ihr ist unwohl. Draußen trifft sie den Malergehilfen Christian Hildebrand. Zwischen beiden entwickelt sich in dem kurzen Moment eine knisternde Spannung. Sehr anschaulich wird das Leben hinter den Kulissen beschrieben. Die Ballerina beschwert sich darüber, dass ihr Kostüm zu eng ist. Bertha, die Garderobiere, ist dafür verantwortlich. „...Offenbar hatte es der Ballerina in letzter Zeit zu gut geschmeckt, dachte Bertha und schmunzelte in sich hinein. Nicht jeder vertrug das Dresdner Essen mit den vielen Mehlspeisen...“ Wenn es nur das wäre, aber das Problem liegt tiefer. Verantwortlich für die Requisiten ist Ernestine. Sie stammt aus dem Waisenhaus und hat sich mittlerweile unentbehrlich gemacht. Sie hat gute Ideen und findet schnell und problemlos Dinge, die gebraucht werden. Ihr Bruder Christian erweist sich als talentierter Bühnenmaler. Elise träumt davon, als Violinistin öffentlich auftreten zu dürfen. Die Romanze mit Christian aber könnte ihr ganzes Leben durcheinanderwürfeln, zumal ihr künftiger Bräutigam schon feststeht. Wer der ihr erlauben, weiter Geige zu spielen? Währenddessen brodelt es in den Dresdner Kneipen. Auch Christian bekommt davon einiges mit. Es ist revolutionäres Gedankengut, dass heimlich von Mund zu Mund geht.Am Beispiel ihrer Freundin erlebt Elise, was mit Frauen passiert, die sich nicht an die Regeln der Gesellschaft halten. Ein inhaltsreiches Nachwort geht auf die Musikgeschichte Dresdens und die weitere Geschichte der Oper ein. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein gekonntes Zeitgemälde.