Matzbach
Wieder ein Brunetti-Roman aus Donna Leons Feder, der so ruhig vor sich hin pläütschert wie der Bach vor meiner Haustür. Man muss schon hardcore Fan sein, um die Reihe zu lieben, ich bins. Es tut sich wenig in Venedig, sodass Brunetti Zeit hat, für einen Bekannten von Paolas Vater eine vage Verkaufsabsicht hinsichtlich eines Palazzos zu überprüfen. Tatsächlich steht er nicht zum Verkauf, wie Brunetti bei der Besichtigung von einer Art Faktotum erfährt. Also kann er sich wieder, wahlweise gemeinsam mit seiner Familie oder seinem Kollegen Vianelo dem Sinnieren über den Zustand seiner Stadt und Italiens widmen. Doch dann kommt mitten in der Nacht ein Anruf, der Fund einer Wasserleiche ruft Brunetti auf den Plan, und siehe da, der tote ist das wenige Tage zuvor kennen gelernte Faktotum. Da die Ehefrau des Palazzobesitzers eine ehemalige Schulfreundin Brunettis ist, ist er mal wieder persönlich involviert. Wer hat ein Interesse am Tod eines harmlosen Buddhisten aus Sri Lanka? Es gibt wenig Anhaltspunkte im Leben des Mannes, auffällig allein ist eine Sammlung von linksradikalen Pamphleten aus den 80er Jahren, die Brunetti auch in die eigene Vergangenheit zurückführt. Auch ihn hatte damals der Kampf für eine bessere Gesellschaftsordnung erfasst, aber heiligt das hehre Ziel die gewaltsamen Mittel? Zudem erfährt Brunetti schnell Ernüchterung, sind doch die Revolutionäre von damals heute angesehene und vor allem reiche Stützen der Gesellschaft. Aber am Ende liegen die Wurzeln des aktuellen Verbrechens von heute in den Vorgängen von damals. Wie gesagt, zum Nägelkauen ist das alles nichts, auch der Blutdruck dürfte kaum merklich erhöht sein bei der Lektüre, aber es ist immer wieder lesenswert, wie Brunetti und die Seinen ernüchtert und sachlich die Zeitläufte analysieren.