dajobama
Taormina – Yves Ravey Dies ist ein sehr schmales Werk mit nur wenig über hundert Seiten. Obwohl es schon auf eine gewisse Art und Weise eindringlich ist, kann ich es auch nach der Lektüre nicht richtig einordnen. Es geht um die relativ aktuelle Flüchtlingssituation auf Sizilien, gleichwohl kein einziger Flüchtling wirklich zu Wort kommt oder auch nur beschrieben wird. Es geht auch um eine Ehe in der Krise, doch diese scheint schon von vorneherein gescheitert zu sein. Zumindest bemüht sich keiner der beiden Protagonisten ernsthaft darum. Es ist schon beeindruckend, wenn in einem (wenn auch recht kurzen) Roman keine einzige sympathische Figur auftaucht. Ich habe den starken Verdacht, dass es sich hierbei um so etwas wie Gesellschaftskritik handelt, doch auch das wurde mir nicht ganz eindeutig klar. Auf jeden Fall ist es unglaublich, wie mitleidslos die Protagonisten miteinander und auch anderen gegenüber umgehen. Luisa und Melvil machen eine Reise nach Sizilien, scheinbar um ihre Ehe zu retten. Diese Reise jedoch steht unter keinem guten Stern und so schlittern die beiden von einer Katastrophe in die nächste. Bereits kurz nach der Ankunft auf der Insel bemerken sie bei der Fahrt mit ihrem Mietwagen zum Hotel einen Aufprall – und begehen Fahrerflucht. Anstatt ihren Urlaub zu genießen sind Luisa und Melvil fortan damit beschäftigt zu vertuschen, zu diskutieren, zu verleugnen und das Mietauto reparieren zu lassen. Dabei machen sie eine fürchterliche Figur; es hat was von einer Tragikomödie, wirklich schlimm, aber auch irgendwo faszinierend, wie sie es immer wieder schaffen, genau das Falsche zu tun. Die Kürze des Romans hilft dabei, durchzuhalten. Ebenso wie der sehr einfache, wenn auch recht distanzierte, aber gut lesbare Schreibstil. Mit dem Schluss hatte ich so meine Probleme. Meiner Meinung nach endet diese Geschichte mitten in der Handlung. Geklärt ist gar nichts – oder ich habe es einfach nicht verstanden. 3 Sterne – weil es mich in seiner Ungeheuerlichkeit doch immer wieder fasziniert hat.