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Sofia :)

Posted on 17.6.2023

Vielen lieben Dank an den Knaur-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars! Meine Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider. Aufmachung: Ich habe die blaue Sonderausgabe mit Farbschnitt und Artwork in den Innenklappen und muss sagen: Ich bin verliebt! Besonders gut gefällt mir natürlich das Artwork, das viele verschiedene Szenen zwischen Alex und Henry zeigt; in der vorderen Klappe auf blauem Untergrund alle Schlüsselszenen zwischen den beiden, die in den USA passieren, und in der hinteren Klappe auf rosa Untergrund die Szenen in England. Beim Lesen habe ich immer wieder nachgeschaut, ob von der jeweiligen Szene auch eine Zeichnung vorhanden ist und welche Szenen ich davon schon gelesen habe. Das kann man sich also nicht nur vorher und hinterher schön angucken, sondern auch, während man der Handlung folgt. Es hat sich also definitiv gelohnt, auf diese hübsche Schmuckausgabe zu warten! Meine Meinung: Durch die durchweg positiven Meinungen online bin ich mit relativ hohen Erwartungen an die Geschichte herangegangen und ich kann jetzt nur sagen: Die wurden weit übertroffen! Allzu lang wird die Rezension vermutlich nicht ausfallen, da ich rein gar nichts auszusetzen habe. Das fängt bereits mit dem leichten, jugendlichen Schreibstil der Autorin an, den ich bereits aus „I Kissed Shara Wheeler“ kenne und der hier noch einmal besonders gut zur Geltung kommt. Die Geschichte wird (mit Ausnahme des Bonuskapitels) ausschließlich aus Alex´ Perspektive erzählt, und zu seiner frechen, vorlauten, aber doch grundehrlichen Art passt der kecke, frische Stil der Autorin hervorragend. Dadurch ließe sich das Buch prima auch in einem Rutsch durchlesen, trotz seiner doch nicht unbeachtlichen Länge von 500 Seiten. Aufgelockert wird das Ganze durch den fröhlichen, lockeren Humor, der die Figuren abrundet und mich mehr als nur einmal sehr zum Lachen gebracht hat. Die größte Stärke von „Royal Blue“ sind seine Figuren. Vor allem die beiden Hauptfiguren Alex und Henry, die – der eine laut, extrovertiert, der andere eher ruhig und zurückhaltend – auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten, die sich aber doch wunderbar ergänzen. Ich habe es sehr genossen, wie sie sich von anfänglicher „Antipathie“ – hier in Anführungsstrichen, weil jeder außer Alex selbst direkt erkennt, dass er Henry eigentlich doch mag; das macht auch einen wesentlichen Teil des Charmes dieses Buches aus – immer mehr annähern und wie sich dadurch nicht nur eine starke Freundschaft entwickelt, sondern natürlich auch die Gefühle der beiden füreinander immer stärker und immer deutlicher werden. „Er weiß jetzt mehr über Henry, versteht ihn besser, und er kann die Seltenheit eines echten Lächelns auf dem gleichen, für seine Schönheit berühmten Gesicht würdigen. Es erzeugt eine merkwürdige kognitive Dissonanz – der Henry jetzt und der Henry von damals. Bestimmt fühlt sich der Bereich unter seinem Brustbein deshalb so unruhig und heiß an. Deshalb und wegen des Whiskeys.“ (S. 112/496) Ich fand es sehr schön, wie Alex und Henry sich aufeinander verlassen konnten und füreinander da waren, wenn der andere sie gebraucht hat. Beide können wirklich gut zuhören, und das tiefe Vertrauen, das sie dem jeweils anderen entgegenbringen, ist förmlich greifbar. Das schafft die Autorin nicht nur dadurch, dass sie ein tiefes Verständnis für ihre Figuren aufbringt, und sie so wunderbar rund und mehrdimensional charakterisiert hat, dass sie sich praktisch von alleine weiterentwickeln, sondern auch mit ihrem ehrlichen Schreibstil, der vor allem auch in den E-Mails, die Alex und Henry sich einander schicken, wieder deutlich wird. Bemerkenswert ist dabei im Übrigen, dass anhand des erzählerischen Untertons stets deutlich wird, wer gerade spricht oder von wem die Mails bzw. Textnachrichten sind, da jeder der beiden Figuren (und auch einiger Nebenfiguren) eine eigene sprachliche Einfärbung bekommt, die so subtil ist, dass sie einem zunächst gar nicht bewusst ist. Neben Alex und Henry sind mir aber auch die Nebenfiguren allesamt ans Herz gewachsen, insbesondere Alex´ Mutter, deren direkte, aber dennoch herzliche Art ich sofort liebgewonnen habe. Auch June, Nora und Bea sind hier mehr als nur Nebenfiguren; sie sind starke Präsenzen, nehmen eigenständige Rollen innerhalb der Geschichte ein und sind ebenso greifbar wie die Protagonisten. „‚Schatz, ich kann dir gar nicht sagen, wie gleichgültig es den Medien ist, wer hier mit was angefangen hat‘, sagt Ellen. ‚Als deine Mutter kann ich anerkennen, dass es vielleicht nicht deine Schuld war, aber als Präsidentin wünsche ich mir nur, dass die CIA deinen Tod vortäuscht und ich das Mitgefühl wegen meines toten Kindes ausnutzen kann, um für eine zweite Amtszeit gewählt zu werden.‘“ (S. 30/496) Zu guter Letzt hat mir auch der Plot ausnahmslos gefallen – von der ersten Seite an war ich gefesselt und konnte mich nicht mehr vom Buch losreißen. Im Vordergrund steht natürlich die geheime (verbotene) Beziehung à la Pyramus und Thysbe zwischen Henry und Alex; alleine schon deshalb, weil man die beiden aufgrund ihrer Positionen in ihren jeweiligen Heimatländern sowie natürlich auch innerhalb der Weltpolitik, nicht zusammen erwischen durfte. Das sorgt für eine gewisse Grundspannung, die stets spürbar ist, wenn sie sich wieder einmal zusammen verstecken. Aber auch darüber hinaus ist die Entwicklung ihrer Beziehung so aufgebaut, dass man zwar seine Vorstellungen davon hat, worauf es am besten hinausläuft (auf ein Happy End selbstverständlich), aber die Autorin es gleichzeitig versteht, wie sie den Leser auf raffinierte Weise stets im Ungewissen lässt. Was Alex´ und Henrys Beziehung weiterhin so besonders macht, sind die Vergleiche und Parallelen, die sie selbst immer wieder zu berühmten fiktiven oder realen Paaren ziehen. Daneben steht aber auch der Wahlkampf von Alex´ Mutter, der, ganz im US-amerikanischen Stil natürlich sehr dramatisch verläuft, sowie Henrys Leben im britischen Königshaus. Der starke Kontrast zwischen der freien, lauten, fast schon vulgären Kultur Amerikas zu den vornehmen Traditionen des britischen Königshauses, die besonders penibel auf eine feine Außenwirkung bedacht ist, wird hier besonders deutlich. Beide haben aber eines gemeinsam: Alex´ Bisexualität und Henrys Schwulsein passt in beiden Ländern nicht zum traditionellen Familienbild. Das ist hier selbstverständlich ein großes Thema, und die Sensibilität, aber auch Ehrlichkeit und Bestimmtheit, mit der McQuiston die damit einhergehenden Probleme und Konflikte angesprochen hat, die hier zutage treten, hat mir sehr gefallen. Im Prinzip ist „Royal Blue“ in der Hinsicht ein großes Gedankenexperiment: Was wäre, wenn eine der führenden Personen von zwei der mächtigsten Länder der Welt queer wäre? Das Ergebnis, zu dem die Autorin hier im Laufe der Handlung kommt, kommt dem, wie man es sich vorstellt, dass es in der Realität aussehen würde, sehr nahe und ernüchtert erst einmal sehr und macht auch traurig. Gleichzeitig schafft sie es mit ihrer Erzählung – auch im Hinblick auf Ellen Claremont, die erste weibliche US-Präsidentin, sowie der Einwanderer-Hintergrund ihrer Familie –, ein hoffnungsvolles Bild zu malen, und das berührt. Das Bonuskapitel ist im Übrigen supersüß, wenn auch nicht wirklich notwendig – es ist eben ein Bonuskapitel. Es ist eindeutig für Fans geschrieben, aber ich habe mich sehr darüber gefreut! Fazit: „Royal Blue“ ist ein großes Highlight und kann ich jedem von euch nur ans Herz legen! Die Beziehung zwischen Henry und Alex ist ehrlich, frisch und zuckersüß und vor allem die Dynamik zwischen dem frechen, vorlauten Alex und dem zurückhaltenden Henry kann begeistern. Aber nicht nur die Hauptfiguren, auch die Nebenfiguren, allen voran Alex´ Mutter Ellen, June, Nora und Bea wachsen einem sofort ans Herz. Neben einer mitreißenden Liebesgeschichte à la Pyramus und Thisbe kann „Royal Blue“ aber auch mit dem politischen Subplot, der Kritik an die US-amerikanische Regierung, das britische Königshaus und auch an den Rest der Welt und die Schwierigkeiten und Konflikte, denen sich queere Menschen stellen müssen, überzeugen. Das Buch sollte jeder gelesen haben, spätestens, wenn im August der Film auf Prime Video erscheint! 5/5 Lesehasen.

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